Präsidentschaftswahl in Frankreich: La France wählt Hollande
Die Wahlen entwickeln sich zur Abstimmung gegen den Amtsinhaber Sarkozy. Hollande liegt nach ersten Hochrechnungen rund 3 Prozentpunkte vorne.
PARIS taz/afp | Der Sozialist François Hollande hat die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl gewonnen: Der 57-Jährige lag ersten Hochrechnungen zufolge bei rund 28 bis 29 Prozent und damit vor dem konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy mit 25 bis 26 Prozent. Für die Stichwahl am 6. Mai sagen die Umfragen für Hollande einen Vorsprung von rund zehn Prozentpunkten voraus.
Die 44,5 Millionen Wahlberechtigten Frankreichs müssen sich bis Sonntagabend 20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit gedulden, um offiziell zu erfahren, wie die zehn Kandidaten und Kandidatinnen abgeschnitten hatten. Die französischen Medien dürfen vor Schließung der Wahllokale keine Hochrechnungen veröffentlichen.
Die Präsidentschaftswahlen gelten in Frankreich aufgrund der nach wie vor sehr großen Machtbefugnisse des Staatschefs als bedeutendste politische Weichenstellung, daher wurde eine höhere Wahlbeteiligung erwartet, als es in anderen europäischen Ländern üblich ist.
Für viele Wähler schien es von Anfang an wie bei einen Plebiszit um die Frage zu gehen, ob Präsident Nicolas Sarkozy ein zweites Mandat bekommen soll. Der Sozialist François Hollande schien nach den Umfragen der einzige Konkurrent zu sein, der sich ernsthafte Siegeschancen gegen Sarkozy ausrechnen durfte. Beide standen darum im Voraus praktisch als „Finalisten“ der Stichwahl am 6. Mai fest.
Hollande hatte darum die Linkswähler ersucht, ihre Stimmen nicht auf die diversen „kleineren“ Konkurrenten aufzusplittern, sondern ihn vorneweg in eine Poleposition für die Finalrunde zu setzen. Für Sarkozy war es wohl besonders wichtig, im ersten Wahlgang an der Spitze zu liegen, um eine Dynamik zu seiner Wiederwahl zu schaffen.
Regierungsmehrheit schürt Ängste
Jeder der beiden Favoriten legten kurz vor Mittag unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen ihren Wahlzettel in die Urne. Sarkozy war von seiner Gattin, der Sängerin Carla Bruni, begleitet, François Hollande von seiner Partnerin Valérie Trierweiler, einer aus dem Elsass stammenden Journalistin. Marine Le Pen vom Front National absolvierte ihre staatsbürgerliche Pflicht im nordfranzösischen Hénin-Beaumont.
Aus dem Lager der bisherigen Regierungsmehrheit in Frankreich wurden Ängste geschürt: Premierminister François Fillon warnte seine Landsleute, im Fall eines Wahlsiegs der Linken werde das Land „eine Beute“ der Spekulation.
In ihm brauche die Londoner City kein Risiko oder eine Gefahr für die wirtschaftliche Stabilität Frankreichs und Europas zu sehen, hatte der sozialistische Kandidat François Hollande bei einem Besuch jenseits des Ärmelkanals versichert: „I am not dangerous“, scherzte er an die Adresse britischer Wirtschaftsliberaler, die sich den französischen Sozialisten womöglich fast wie einen Bolschewiken mit dem Messer zwischen den Zähnen vorstellen.
Zum großen Ärger seiner zukünftigen kommunistischen Partner sagte Hollande auch, im Unterschied zu 1981, als sein Lehrmeister François Mitterrand mit einem – auf dem Papier – ziemlich radikalen „Programme commun“ an die Macht kam, gebe es heute in Frankreich praktisch die Kommunisten nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich