Präsentation des Buchs "Inside Wikileaks": Assange quält Katzen
Daniel Domscheit-Berg präsentiert sein Buch "Inside Wikileaks" über seine Zeit bei der Whistleblower-Plattform - und rechnet mit dem Mythos Julian Assange ab.
Ein unpassenderes Setting hätte man kaum wählen können für eine Buchpräsentation von Ex-Wikileakssprecher Daniel Domscheit-Berg. In einem goldgeschmückten Prunksaal in Berlin-Mitte hängt ein riesiger Kronleuchter von der Decke, unten stopfen sich immer mehr Kamerateams aus dem In- und Ausland in den Raum. Pomp wie dieser ist dem Informatiker Domscheit-Berg ein Graus. So versucht er sich etwas gequält an einem Lächeln, als er der Phalanx aus Kameras gegenübertritt.
Wie ein Gegenentwurf zum inszenierungsfreudigen Wikileaks-Kopf Julian Assange wirkt der 32-Jährige und vermittelt, dass er den Personenkult um die Whistleblowing-Plattform verabscheut. Auch nachdem er und eine Handvoll anderer Mitarbeiter im September 2010 im Zorn bei Wikileaks hinschmissen, weigerte sich Domscheit-Berg in der Öffentlichkeit immer wieder, über die kontroverse, schillernde Person Assange herzuziehen.
Und jetzt veröffentlicht er sein Buch. "Inside Wikileaks" erzählt, wie das Projekt, das einst aus Assange, Domscheit-Berg und einem Server bestand, zu einer Enthüllungsplattform wurde, vor der Regierungen zittern. Und wie es sich von einem offenen Projekt hin zur hierarchisch auf Assange ausgerichteten Organisation wandelte.
Vor allem aber gibt Domscheit-Berg Insidereinblicke auf den Mythosmenschen Assange. "Manchmal hasse ich ihn, so sehr, dass ich Angst habe, ich könnte körperliche Gewalt ausüben, sollte er mir noch einmal über den Weg laufen. Dann wieder denke ich, dass er meine Hilfe bräuchte", schreibt Domscheit-Berg über den Mann, den er einst als seinen besten Freund bezeichnete. Heute sei er, trotz aller Drohungen, die Assange gegen ihn ausgestoßen habe, nicht mehr sauer, sagt Domscheit-Berg, habe nichts heimzuzahlen.
Trotzdem veröffentlicht er in seinem Buch jede Menge Gossip. Enthüllt, dass Assange gern mit Händen isst. Dass er wie ein Penner herumlief, Domscheit-Berg aber die Bundfalten in seinen Hosen vorwarf. Und berichtet, wie Assange seine Katze namens Herr Schmitt (Domscheit-Bergs damaliges Pseudonym) quälte.
Er sehe sich in der Verantwortung, dem Kult, der Popfigur, dem "James-Bond-Movie", die sich um die Whistleblowerplattform und ihren Gründer Julian Assange zu ranken beginnen, etwas entgegenzusetzen, sagt Domscheit-Berg. "Das sind bezeichnende Aspekte zu Herrn Assange", rechtfertigt Domscheit-Berg derlei Nähkästchenplauderei. Aber vielleicht welche, die die Debatte um Transparenz und Whistleblowing nicht wirklich nach vorne bringen.
Natürlich steckt auch darüber hinaus in dem Buch jede Menge Zündstoff. Etwa in den Passagen über intransparente Finanzen und Spenden der Whistleblower-Plattform. Oder dass Domscheit-Berg und die anderen Wikileaks-Aussteiger nicht nur einen Teil der Software, die sie selbst freiwillig für Wikileaks entwickelt haben, mitnahmen, sondern auch 3.500 bisher unveröffentlichte Dokumente. Man hätte sie lediglich sichergestellt, weil drei Wochen lang Versuche scheiterten, sie sicher an Assange zu übergeben, beteuert Domscheit-Berg. Er wisse nicht, was darin stehe und habe keinen Zugriff darauf.
Julian Assange scheint das anders zu sehen - sein Anwalt Johnny Eisenberg, der auch die taz vertritt, schickte Domscheit-Berg bereits am Sonntag einen Brief, in dem er im Namen von Assange die "entwendeten Materialien" zurückverlangt. Dort steht außerdem: "Herr Assange hat mich ferner gebeten, gegen die von DB (Domscheit-Berg) über Herrn Assange verbreiteten Verleumdungen vorzugehen."
Und das ist erst die erste Runde in der Schlammschlacht um die Deutungshoheit der Ereignisse bei Wikileaks. Domscheit-Berg hat vorgelegt. Julian Assange will mit seiner Gegenerzählung nachziehen - er hat die Veröffentlichung seiner Biografie für April 2011 angekündigt.
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