Power I: Die unter Strom stehen
Mit Plakaten, Infoständen und Flyern werben die Unterstützer des Volksentscheids für „Ja“ – nicht nur mit lauteren Argumenten.
Beim Energietisch klingelt ständig das Telefon. „Wir überlegen gerade, wie wir noch eine weitere Person ins Büro holen können, die sich nur um die Anrufe kümmert“, sagt Sprecher Stefan Taschner. Vor allem, seit alle Wahlberechtigten mit der Post die kleine Broschüre mit den Argumenten beider Seiten erhalten haben, rufen viele Menschen an. Sie wollen wissen, was der Energietisch zu den Positionen und Vorwürfen des Senats und der Koalition sagt. Auch auf der Webseite gibt es dazu eine eigene Rubrik.
Zur Mobilisierung der Wähler hat der Energietisch 10.000 Plakate in der Stadt aufgehängt, zudem übernahm er einige Großflächenplakate von Parteien aus dem Bundestagswahlkampf. Für die letzten zwei Wochen sind zudem Dutzende Infostände geplant. Auf der Webseite des Energietischs steht, für welche Termine noch Helfer gesucht werden. An großen U-Bahn-Stationen verteilen die Aktivisten im Berufsverkehr Flyer.
Das Budget des Energietischs liegt bei gut 175.000 Euro und speist sich aus Spenden. Die Stiftung der alternativen GLS-Bank zum Beispiel überwies 22.000 Euro, die Bewegungsstiftung weitere 25.000 Euro. Größter Unterstützer ist das „Bürgerbegehren Klimaschutz“, ein Verein zur Unterstützung der Klimawende mit Volksentscheiden. Dort ist auch Taschner eigentlich angestellt, doch der Verein hat ihn während der Kampagne an den Energietisch ausgeliehen, daher taucht sein Gehalt auch auf der Liste der Spenden an den Energietisch auf.
Zwei Parteien treten mit eigenem Material als Unterstützer auf. Die Grünen haben 1.500 Plakate aus dem Bundestagswahlkampf hängen lassen und mit Slogans zur Abstimmung überklebt. Die Linkspartei steckt rund 10.000 Euro in den Wahlkampf: Sie hat 2.000 Plakate vor allem im Osten aufgehängt und wird 150.000 Zettel in Briefkästen werfen. „Am 3. November 2013 können Sie entscheiden, ob Berlin sein Stromnetz zurückbekommt“, steht dort gleich im ersten Satz. Das ist falsch, denn wer das Stromnetz bekommt, entscheidet sich in einem Vergabeverfahren gemäß EU-Recht, bei dem sich jedes Unternehmen bewerben kann. Der Zuschlag wird nach objektiven Kriterien erteilt. Linkspartei-Sprecher Thomas Barthel sagt, man solle die Aussage nicht so wörtlich verstehen, sondern in einem weiteren Sinne: „Ein klares Votum für den Energietisch-Entwurf übt auch klaren politischen Druck aus, um das Stromnetz zurückzubekommen.“
Insgesamt läuft der Wahlkampf bisher auf eher mittlerer Temperatur. „Die Gegner scheinen eine Einschläferungstaktik zu fahren“, sagt Taschner. Er hätte jedenfalls „nichts dagegen, wenn da von der Gegenseite mehr Zoff reinkommen würde“.
Vor vier Jahren beim Volksentscheid „Pro Reli“ war die Stimmung in der Stadt insgesamt aufgeheizter, es hingen mit 38.500 Plakaten auch deutlich mehr als diesmal. Damals ging es allerdings auch um eine große gesellschaftliche Frage, die Auseinandersetzung zwischen Religion und Aufklärung.
Im Vergleich dazu sind diesmal die Unterschiede zwischen dem Stadtwerke-Konzept des Senats und dem des Energietischs eher technisch und detaillistisch. Es ist also durchaus spannend, ob es gelingt, diesmal genügend Wähler zu mobilisieren.
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