Potsdamer Schule niedergebrannt: Ein Kratzer am Image als kinderfreundlichste Stadt

Wer die private internationale Grundschule in Potsdam angezündet hat, ist nach wie vor unklar. Und so brodelt die Gerüchteküche weiter.

Es ist ruhiger geworden im Potsdamer Villenviertel Griebnitzsee. Kein lautes Kinderlachen mehr. Keine Plastikautos, die immer wieder die Betonauffahrt herunterrattern. Kein Trommelwirbel, der den Schultag einläutet. Jetzt rauschen nur noch die Bäume.

Vor knapp zwei Wochen brannte in diesem Stadtteil eine private internationale Grundschule bis auf die Grundmauern nieder. Von Unbekannten in der Nacht angezündet, sagt die Polizei. Von Anwohnern, behaupten hingegen Eltern und Lehrer. Die Untersuchungen gehen schleppend voran, und es gibt noch keinen konkreten Verdacht. "Auch eine Befragung der Nachbarn brachte bisher keine neuen Ergebnisse", erklärt Polizeisprecherin Angelika Christen. Zudem sei weder die Höhe des Sachschadens bekannt noch die genaue Brandursache. Also kocht die Gerüchteküche.

"Kinder-Hass im Promiviertel" und "Hass-Attacke auf Schule" lauteten die Schlagzeilen der Boulevardblätter am Tag nach dem Feuer. Jetzt hängen sie als Zeitungsausschnitte am wackligen Gartentor zum Schulgelände. Sie wirken anklagend und verloren. An die Buche auf dem Gehsteig davor ist der Brandbrief eines erbosten Vaters angenagelt. Er vergleicht die Brandstifter mit den Schergen der SS von 1933, die schon einmal "bei Nacht und Nebel" die Nachbarn von hier vertrieben hätten. Er finde es beschämend für Potsdam, dass Unverbesserliche und die Villenbesitzer Unterschriften gegen eine Schule mit Kindern gesammelt hätten. So seien sie mitschuldig, dass die Schule angezündet wurde.

Es sind die hilflosen Zeichen von Eltern, Kindern und Lehrern, die sich von der Stadt im Stich gelassen fühlen. Es war schon der vierte Brandanschlag auf ihre Schule in diesem Jahr. Die Bitte an die Stadt um eine Alarmanlage sei abgelehnt worden, so Steffen Dietzel, Geschäftsführer des Schulvereins. Danach konnte man sich nicht schnell genug auf eine Videoüberwachung einigen. Jetzt suchen die Stadtoberen händeringend nach Räumen für die Ferienkinder.

"Seit der Eröffnung der Schule vor knapp zwei Jahren gab es Streit zwischen den Nachbarn und der Schule", berichtet ein Anwohner. "Es war ihnen einfach zu laut, da auch oft in der Schule übernachtet wurde." In dem Flachbau wurde nach dem Montessori-Prinzip unterrichtet, das ein spielerisches Lernen mit viel Bewegung befürwortet. Den Tätern jedenfalls scheint es nicht genug gewesen zu sein, dass der Umzug der Schule für September feststand: "Der Platz für die 53 Kinder hat einfach nicht mehr gereicht", so Schulleiterin Heike Dietzel.

Im Herbst wäre dann eine dreisprachige Kindertagesstätte eingezogen. Die 57 angemeldeten Kinder wissen jetzt nicht mehr, wohin. In Potsdam gibt es eine einjährige Wartefrist für Kindergartenplätze. Noch hat die Stadt keine Lösung parat.

Im vergangenen Jahr wurde die brandenburgische Hauptstadt als kinderfreundlichste Stadt Deutschlands ausgezeichnet. Das schöne Image hat jetzt tiefe Kratzer bekommen. In Griebnitzsee jedenfalls ist den Kindern erst mal das Lachen vergangen.

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