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Post aus der Moderne

Paris, May 1790 (Journal des Luxus und der Moden) Bekanntlich ißt man in Paris fast nichts, als Weizenbrod, und auch schon deshalb muß es theurer seyn, als in andern Ländern. Die Form der Brode ist lang und an den Ende zugespitzt, oder rund, wie ein großer Ring; ihr Gewicht ist vier Pfund und von solch einem Brode ist die Rede, wenn es heißt, das Brod kostet 12 Sous oder 16 Sous. Zwölf Sous für ein vierpfündiges Brod ist schon sehr viel im Vergleich des Brodpreises in Teutschland, wo es kaum in der schrecklichen Theuerung von 1772 so viel kostete. Es ist

leicht gebacken, gleichsam aufgeschwemmt und durchaus löcherig. Es giebt einen seltsamen Anblick für Fremde, einen Tagelöhner mit Stücken Brod zur Mittagszeit da sitzen und sie bis auf die Krumeln verzehren zu sehen, die in Teutschland, der Größe nach, für eine ganze Familie hinreichend wären. Aber es ist wie ein Schwamm, und Schaum und kleinere Stücke machen nicht satt. Nur die geringsten Klassen essen sogenanntes Pain bis, das etwas wohlfeiler aber schwärzer ist, weil es einen Zusatz von Roggen hat. Im Anfange des Oktobers vorigen Jahres war nichts als solches Brod zu haben, und die Bürger hielten den Untergang des Staates für gewiß, da sie Brod essen mußten, das innen noch so weiß war, als bey unsern Bäckern das sogenannte weiße Dreyer- oder Sechserbrod.

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