Posse um Bayern-Coach Hitzfeld: Der erodierende Trainer
Bayern-Manager Uli Hoeneß schickt Coach Ottmar Hitzfeld im Sommer in die Schweiz, bis dahin darf über Nachfolger diskutiert werden. Etwa über den Holländer Frank Rijkaard.
MÜNCHEN taz Die Silvesternacht verbrachte Uli Hoeneß in trauter Runde mit Bruder Dieter, dem Vorstandskollegen Karl Hopfner und mit Raimond Aumann, dem Fanbeauftragten des FC Bayern München, allesamt nebst Gattinen. Zum Jahreswechsel erfreute sich die Festgesellschaft vor dem Lokal des Promikochs Alfons Schuhbeck in Münchens Innenstadt am Feuerwerk. Wenige Minuten nach Mitternacht ließ Hoeneß sich von einem Bild-Reporter nach dem schnöden Arbeitsalltag befragen: Wie es denn nun mit Trainer Ottmar Hitzfeld weitergehe? Doch statt den Fragenden abzuwimmeln, warf Hoeneß ein paar Aufsehen erregende Worte hin: "Gehen Sie davon aus, dass er nicht bleiben wird. Aber bis Juni schon." Es war weniger der Inhalt der Nachricht, der überraschte, als der Zeitpunkt und die Umstände ihrer Verkündung. Eigentlich wollten die Bayern und Hitzfeld sich erst Ende Januar erklären.
Stattdessen hat Manager Uli Hoeneß die ohnehin schon chaotische Kommunikation des FC Bayern in den vergangenen zwei Monaten nun um einen neuen und kuriosen Höhepunkt bereichert. Hoeneß und sein Nebenmann in der sportlichen Leitung, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, nehmen sich immer wieder das Recht heraus, Themen in der Öffentlichkeit zu platzieren, wie es ihnen gerade beliebt - ohne Rücksicht darauf, dass sie damit für Unruhe im Verein sorgen.
Die Debatte über Hitzfeld war erst aufgekommen, weil Rummenigge nach dem Uefa-Pokalspiel gegen die Bolton Wanderers auf den eigenen Trainer losgegangen war. Seitdem ist der Trainer angezählt und im Binnenverhältnis etwas kaputt gegangen. Zwar betonten Hoeneß und Rummenigge immer wieder, die Beziehung zu Hitzfeld sei freundschaftlich. Ein Bekenntnis zum Trainer aber vermieden sie.
Hitzfeld ertrug das lange mit Geduld. Erst am 19. Dezember, nach dem letzten Spiel des Jahres 2007, revanchierte er sich listig. Hitzfeld verkündete: "Natürlich weiß ich schon, wie meine Zukunft aussehen wird. Aber ich werde den Bayern meine Entscheidung erst Ende Januar mitteilen." Zwischen den Feiertagen traf er sich mit Ernst Lämmli, dem für die Nationalmannschaft zuständigen Vertreter des Schweizer Fußball-Verbandes, der schon länger öffentlich um Hitzfeld als neuen Trainer der "Nati" wirbt. Angeblich war es nur ein "ganz unverbindliches Gespräch unter alten Freunden", so Hitzfeld.
Nach Hoeneß' Aussagen gab Lämmli sich am Mittwoch zurückhaltend. "Ich beteilige mich nicht an Spekulationen", sagte er. "Ottmar Hitzfeld hat natürlich ideale Voraussetzungen. Er ist mein Wunschkandidat. Aber ich spreche auch mit anderen." Diese Gespräche wird er wohl bald abbrechen können. Beim FC Bayern hieß es am Mittwoch, alle hohen Herren seien noch im Urlaub und nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Hitzfelds Bilanz in der zweiten Saisonhälfte 2006/2007 war noch schlechter als die seines Vorgängers Magath. Auch in der neuen Spielzeit schlichen sich nach furiosem Start schnell Probleme ein. Die Bayern sind zwar noch Tabellenerster, aber punktgleich mit Werder Bremen. Von einem Quantensprung keine Spur. Und das Schlimmste: Die Langeweile ist zurück. Von den letzten sieben Ligapartien spielten die Bayern viermal 0:0. Dabei hatte Uli Hoeneß doch versprochen, er werde die neue Mannschaft nicht nur an Ergebnissen messen, sondern sie müsse auch Spaß machen.
Nun werden die Bayern in der zweiten Saisonhälfte mit der Gefahr leben müssen, dass die Autorität eines Trainers, dessen Abschied beschlossen ist, ständiger Erosionsgefahr ausgesetzt ist. Zudem erhalten die Nachfolgespekulationen neue Nahrung.
Einige große Namen kursieren: Der Niederländer Frank Rijkaard ist zwar noch beim FC Barcelona angestellt, seine Zeit dort neigt sich aber dem Ende zu. Marco van Basten gibt seinen Job als niederländischer Nationaltrainer nach der EM auf. Beide sprechen deutsch - seit der Zeit von Giovanni Trappatoni ein wichtiges Kriterium für einen Bayerntrainer. Rijkaard hat es zudem mit dem FC Barcelona geschafft, spektakulären und erfolgreichen Fußball spielen zu lassen. Van Bastens Bilanz dagegen ist durchwachsen. Zudem hat Franz Beckenbauer bereits vor Wochen Armin Veh, Trainer des VfB Stuttgart, angesprochen: "Armin, verlängere nicht zu lang in Stuttgart. Vielleicht können wir dich noch gebrauchen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“