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PortraitHerr Wu ist verhindert

Wu Xiaohui galt bis vor Kurzem noch als einer der mächtigsten Männer der Finanzwelt Chinas – was einiges heißen will, da dieser Geschäftszweig inzwischen gigantische Ausmaße erreicht. Zudem ist der 51-Jährige politisch gut vernetzt, er ist mit einer Enkelin des verstorbenen KP-Granden Deng Xiaoping verheiratet.

Beides sollte ihn eigentlich vor der Strafverfolgung schützen, und trotzdem hat es den Chef des Versicherungskonzerns Anbang jetzt erwischt: Seit einigen Tagen ist er von der Bildfläche verschwunden. Firmeneigene Webseiten verkünden lapidar, der Gründer und Vorsitzende von Anbang könne aus „persönlichen Gründen“ die Aufgaben an der Firmenspitze nicht länger wahrnehmen. Ein chinesisches Wirtschaftsmedium hatte bereits zuvor von seiner Verhaftung berichtet.

Der Fall zeigt erneut, dass sich auch Topunternehmer wie Wu, die in der Regel Mitglieder der Kommunistischen Partei sind, nicht mehr sicher fühlen können, seit KP-Chef Xi Jinping an der Macht ist. Dabei galt Wu als einer der wichtigsten Auslandsinvestoren, ganz im Sinne des chinesischen Staates.

Wu hatte zunächst eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen, bevor er 2004 in der Hafenstadt Ningbo zur Versicherungsbranche wechselte. Über Zukäufe von Banken und Versicherungen machte er aus Anbang die Nr. 3 der chinesischen Versicherungsbranche.

Heute ist der Konzern weltweit aktiv und verwaltet ein Vermögen von mehr als 300 Milliarden Dollar. Ihm gehört unter anderem das renommierte Waldorf Astoria in New York. Noch bis vor ein paar Monaten hat Anbang auch mit der Familie des US-Präsidentenschwiegersohns Jared Kushner über den Kauf eines Hochhauses an der Fifth Avenue verhandelt. Außerdem bietet Anbang mit bei der Übernahme der angeschlagenen HSH Nordbank.

Doch offenbar gärt es bei Anbang schon länger. Im Mai untersagten die Aufsichtsbehörden dem Konzern, wegen „zweifelhafter Angebote“ Policen an neue Kunden zu vertreiben. Schon macht sich die Sorge breit, Anbangs Probleme könnten Chinas gesamten Finanzmarkt in die Tiefe reißen.

Felix Lee

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