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PortraitKhulumani heißt sprechen

Sie trägt meist eine grün-weiße Perlenkette, nein, besser, eine Art Perlenkragen. Nicht als Schmuck, sondern als politisches Zeichen. Damit will die Menschenrechtsaktivistin Nomarussia Bonase Widerstand symbolisieren: gegen sexuelle Gewalt an Frauen in ihrem Heimatland Südafrika, gegen die frappanten sozialen Unterschiede zwischen Städten und ländlichen Regionen, die stockende Aufarbeitung der Folgen des Apartheid-Regimes.

Bonase, 51, weiß, wovon sie spricht, wenn sie all das anklagt. Sie lebt in einem Township in der Nähe von Johannesburg. In ihrem Haus, das als politische Schaltstelle fungiert, wurde eingebrochen, ihr kleiner Sohn wurde entführt, als sie wegen ihrer politischen Arbeit länger unterwegs war. Bonases Mutter wurde, während diese schwanger war, vergewaltigt.

Eines der größten Probleme vieler Frauen in Südafrika – neben der Armut – ist die sexuelle Gewalt. Offiziell werden jedes Jahr 48.000 bis 52.000 Frauen und Mädchen vergewaltigt. ExpertInnen gehen von einer zehnfach höheren Dunkelziffer aus. Nur jede neunte Vergewaltigung wird angezeigt, nur etwa jeder vierte Täter landet vor Gericht. Viele Täter werden freigesprochen, nur wenige erhalten geringe Strafen.

Die Frauen bleiben mit ihren Traumata und ihren körperlichen Verletzungen zurück. Darüber sprechen können sie nur selten, sexuelle Gewalt ist in Südafrika ein großes Tabu.

Aber es gibt Nomarussia Bonase. Sie leitet die Organisation Khulumani, die sich politisch für Frauenrechte starkmacht und Gesundheitsberatungen durchführt. Khulumani heißt auf Deutsch „laut sprechen“, die Organisation fordert unter anderem anzuerkennen, dass sexuelle Gewalt bewusst als Waffe (nicht nur im Krieg) eingesetzt wird.

Zudem engagiert sich Bonase für Witwen, deren Männer beim Bergarbeiterstreik 2012 in Marikana von der Polizei erschossen wurden. Frauen gelten in Südafrika selten als eigenständige Personen oder gar Aktivistinnen, sondern vor allem als Ehefrauen und Mütter.

Am heutigen Freitag erhält Bonase für ihren Einsatz für Menschenrechte den Anne-Klein-Frauenpreis der Heinrich-Böll-Stiftung.Simone Schmollack

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