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PortraitDer Eismeister

Auf der Eisfläche: Reinhard Pridat Foto: Bremer Eisverein

Eismeister würde er oft genannt, aber mit diesem Titel kann Reinhard Pridat nichts anfangen. „Das ist nur was für Hallen.“ Und Pridat ist einer von denen, die sich im Winter nichts Sehnlicheres wünschen, als dass es wie jetzt ordentlich friert und er die Kufen unterschnallen und mit frischem Wind um die Nase seine Runden drehen kann. Dabei bedeutet das für Pridat nicht nur Vergnügen, sondern vor allem Arbeit.

Der 76-Jährige gehört dem Vorstand des 1954 gegründeten Bremer Eisvereins an und ist seit den 90er-Jahren zuständig für „das Feld“. So nennen sie im Verein die 30 Hektar große Wiese im Bremer Blockland, auf die jedes Jahr ab dem 15. November Wasser aus dem Fluss Wümme gepumpt wird.

An der Müllverbrennungsanlage vorbei, unter der Autobahn hindurch und dann liegt sie vor einem: Die an den allerbesten Tagen spiegelglatte Fläche erstreckt sich bis zur Wümme, drei, vier Kilometer freie Fahrt auf überfluteten Wiesen, unter den Kufen das Gras. Diese Eisbahn ist so groß, dass sich selbst an Wochenenden, wenn dort Hunderte und Tausende unterwegs sind, immer noch freie Ecken für langes ungestörtes Gleiten finden lassen.

Zu verdanken haben die EisläuferInnen dieses Erlebnis Pridat und seinen MitstreiterInnen vom Eisverein. Wobei Pridat irgendwie immer auf dem Eis ist, mit der Eismaschine die strapazierte Fläche zu Beginn glättet oder, wenn es zu viel geschneit hat, Bahnen freiräumt. Dabei ist ein großer Teil der ehrenamtlichen Arbeit unsichtbar, denn die Fläche muss auch gepflegt werden, wenn sie noch nicht trägt oder gar nicht gefroren ist.

Und manchmal ist es im Winter nicht mal so kalt, dass die paar Zentimeter Wümmewasser frieren können – so wie in der letzten Saison. Da war die „Semkenfahrt“, wie sie in Bremen genannt wird, offiziell nur einen Tag geöffnet. „Bisschen frustrierend ist das schon“, sagt Pridat, „aber den Klimawandel können wir vom Eisverein nicht beeinflussen.“

Pridat nennt sich „eisverrückt“, mit sechs habe das angefangen. Aufgewachsen ist er in Fischerhude. Damals, erzählt er, sei er noch kilometerweit über überfrorene Wümmewiesen gelaufen – als der Lesum-Zufluss noch nicht reguliert war und sich sein Wasser ausbreiten konnte, wie es wollte. eib

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