piwik no script img

PortraitDer Abstiegshasser

Solange ich spiele, steigt Werder Bremen nicht ab!“ So ein selbstbewusstes Credo wie es „Eisenfuß“ Horst-Dieter Höttges im Gründungsjahrzehnt der Bundesliga verbreitete, traut sich heute kein Werder-Spieler mehr zu – nicht mal alte Haudegen wie Clemens Fritz oder Claudio Pizarro, deren Karrieren sich auf der Zielgeraden befinden. Im Gegenteil, heute spielt da ein leichtfüßiger Dribbler, von dem der Fußball-Autor Ben Redelings sagt: „ Ich dachte immer: Mit Fin Bartels steigst du ab.“

Eine nicht unbegründete Angst, denn „schließlich ist ihm das mit seinen 29 Jahren in seiner Karriere bereits vier Mal gelungen“. Und zwar aus drei verschiedenen Ligen: 2007 Holstein Kiel, 2008 und 2010 Hansa Rostock, 2011 FC St. Pauli lauten die nackten Kennzahlen dieses traurigen Schicksals. „Ich möchte nicht noch einmal absteigen“, stoßseufzte der Unglücksrabe denn auch vor dem erneuten Abstiegskrimi gegen den VfB Stuttgart am Montagabend.

Einmal konnte Bartels diesen Fluch schon besiegen, in der vergangenen Spielzeit, als sich Werder erst mit einem beeindruckenden Schlussspurt aus dem Tabellenkeller befreite. Schon damals gehörte er zu den Protagonisten des Überlebenswillens, obwohl man ihm 2013 nach seinem Wechsel vom FC St. Pauli lediglich die Rolle eines Ergänzungsspielers in der Bundesliga zugetraut hatte. Und nun, da den Grün-Weißen das Wasser so richtig bis zum Hals steht, dreht er auf, als läge der Klassenerhalt ganz allein in seiner Verantwortung.

Beim rauschhaften 6:2-Sieg gegen Stuttgart, durch den Werder vorerst wieder auf dem rettenden 15. Rang geklettert ist, zeigte er das wohl beste Spiel seiner Laufbahn, schoss selbst zwei Tore und war gefühlt an allen anderen irgendwie beteiligt. Falls Werder den Klassenerhalt in den verbleibenden zwei Saisonspielen absichern sollte, hätte es sich am Ende gelohnt, einen in den Reihen zu haben, der das Absteigen mehr hasst als alle anderen. rlo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen