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PortraitDer Amateur-Agent

■ Manfred Ramminger

Hätte es da nicht diese Autofahrt gegeben vor bald dreißig Jahren, dann wäre der Tod von Manfred Ramminger letzte Woche in Krefeld höchstens unter den Todesanzeigen im örtlichen Oppumer Wochenblatt vermerkt worden. Doch als Herr Ramminger sich, vor dreißig Jahren wie gesagt, von Zell in Süddeutschland auf die Heimfahrt in den Ruhrpott machte, hatte er auf der Rückbank eine gefechtsbereite Rakete liegen.

Freilich, das Gefechtssystem vom Typ „Sidewinder“ gehörte nicht dem jungen Mann aus Krefeld, sondern unter die Flügel eines Kampfjets auf dem Zeller Nato-Stützpunkt. Von dort hatte Ramminger mit zwei Komplizen das schmucke Stück stibitzt – auf Befehl aus Moskau.

Der Transport quer durch Deutschland gestaltete sich unkompliziert, wenn auch nicht mühelos. Trotz des Kalten Kriegs waren deutsche Pkws der 60er Jahre nicht auf eine Bestückung mit Luft- Luft-Raketen ausgelegt. Mit 2,80 Meter Länge war der Stolz der Nato zu lang für Rammingers Rückbank. Der gelernte Architekt hackte die Heckscheibe aus seinem Auto und bedeckte die Raketenspitze mit ein paar Decken.

Als 1968 die Fahnder des BKA „Raketen-Ramminger“ erwischten, war die „Sidewinder“ längst in Moskau angekommen – per Luftfracht. Der Amateur-Agent aus Krefeld hatte sie als Maschinenersatzteile deklariert und auf dem Flughafen Düsseldorf aufgegeben. Die Teile kosteten keine tausend Mark, versicherte der Krefelder den Zollbeamten. Damit war nur eine „Kleinausfuhr- Erklärung“ fällig, Kontrollen fanden nicht statt. Der sowjetische Geheimdienst soll später 300.000 Mark für das Paket aus dem Westen überwiesen haben. „Über Spanien lacht der blaue Himmel, über Deutschland die ganze Welt“, schrieb der Spiegel, und „Raketen-Ramminger“ war ein Medienstar.

Ins Gefängnis mußte er trotzdem, wobei er seine Strafe von vier Jahren Haft nicht nur wegen Spionage erhielt. Er habe die „Sidewinder“ geklaut, warf ihm das Oberlandesgericht Düsseldorf vor. Vielleicht weil das den Richtern selbst ein bißchen banal vorkam, oder weil so eine Rakete einiges wiegt, stand dann im Urteil „schwerer Diebstahl“.

Nur den Führerschein durfte er behalten, obwohl „Raketen-Ramminger“ auf der Autofahrt, die ihn berühmt machte, die zulässige Nutzlast sicher weit überschritten hat. Patrik Schwarz

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