Portrait: Amtsmüder Clinton-Jäger
■ Kenneth Starr
Für all den Wirbel, den seine Ermittlungen in den vergangenen Jahren in den USA ausgelöst haben, ist Kenneth Starr eine bemerkenswert unspektakuläre Person. Monoton wie ein Buchhalter referierte er im September vergangenen Jahres vor den Abgeordneten des Kongresses die Gründe, die eine Anklage und die Amtsenthebung Präsident Clintons rechtfertigen sollten. Die Saga vom unmoralischen Treiben im Oval Office war politisches Dynamit, doch Starr blieb scheinbar ungerührt.
In seinem Inneren war der erzkonservative Ex-Richter sicher aufgewühlt und moralisch empört über die Fehltritte des Präsidenten. Doch als Jurist hatte Starr all die Ungeheuerlichkeiten, von denen er in mehrjährigen Ermittlungen erfahren hatte, in die nüchterne Sprache des Rechts zu kleiden. Dabei ließ er kein Detail, keine Zigarre und keinen Fleck aus, der auf dem Kleid einer Praktikantin zurückgeblieben war. Vor allem deshalb war der Starr-Report dann die literarisch-politische Sensation des vergangenen Jahres.
Kenneth Starr tritt ab
Foto: Reuters
Die von Kenneth Starr erhoffte Konsequenz – der Sturz Bill Clintons – scheiterte an der Skepsis und dem Abscheu sowohl der Senatoren als auch der Öffentlichkeit angesichts so viel schmutziger Wäsche. Er führe einen Kreuzzug und sei von schlichtem Hass auf Clinton getrieben, warfen ihm viele vor, ihm gehe es eigentlich um juristisch nicht relevante Schmuddeldetails, während der rechtliche Kern seiner Anklage auf schwachen Füßen stünde. Starr, der unter Präsident George Bush die Nummer drei im Justizministerium war, sei parteipolitisch festgelegt und ungeeignet als Sonderermittler.
Nach fünf Jahren als Sonderermittler gegen Präsident Clinton, nach fünf Jahren im Mittelpunkt von Kontroversen und Schlagzeilen ist Kenneth Starr amtsmüde geworden. Am Montag übergab er sein Mandat an seinen Stellvertreter Robert W. Ray. Hinter ihm liegen Ermittlungen in mehreren Affären des Präsidentenpaares, angefangen bei deren verlustreichen Immobiliengeschäften in Arkansas in den 70er-Jahren („Whitewater“), über den rätselhaften Selbstmord ihres Freundes und Rechtsberaters Vincent Foster bis hin zu den FBI-Akten über politische Gegner, die sich das Weiße Haus unberechtigterweise beschafft hatte. Einige der an den Whitewater-Geschäften Beteiligten wurden auf Grund von Starrs Ermittlungen verurteilt. Der große Preis – der Kopf des Präsidenten – blieb Starr verwehrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen