Porträt Peter Harry Carstensen: Politik aus dem Bauch
Peter Harry Carstensen (CDU) geht aus der Kieler Koalitionskrise als lachender Zweiter hervor.
Auch wenn man es ihm nur selten anmerkt: Berufspolitiker ist Peter Harry Carstensen seit Jahrzehnten. Die brauchte er auch, um zum Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins zu avancieren.
Er gilt als Mann, der gern redet und zwar laut und in klaren Worten - als Politiker und Bauchmensch. Das volkstümliche Nordlicht verzichtet gern auf Politiker-Schnack. Er ist gern an der Basis zu finden, oft in Festzelten, pflegt - so sagt er selbst - "Volksnähe". 1947 auf Nordstrand geboren, versteht Carstensen sich als "echter Norddeutscher" und wollte eigentlich, statt in Bundes- und Landtag, auf einem Seenotrettungskreuzer anheuern. Nach einer Lehre in der Landwirtschaft und einem Studium der Agrarwissenschaften zog er stattdessen für die CDU nach Bonn: in den Agrarausschuss des Bundestages. Seit 1971 ist der Nordfriese Mitglied der Union, wurde fünfmal direkt gewählt. "Er ist ein netter Mensch, das möchte ich ihm nicht absprechen. Die Frage ist nur, ob die Menschen erkennen, dass er nur ein netter Mensch ist", sagte seine Vorgängerin Heide Simonis noch - ehe sie 2005 ihren Stuhl für Carstensen räumen musste.
Der Wahlsieger nahm Platz als selbstverständliche Nummer 1 der Christdemokraten im Norden. Er gilt als bodenständiger Landesvater und tatsächlich gab es bisher kaum einen Zweifel an seiner Position in Schleswig-Holstein. Beim Landesparteitag im Mai stimmten 92 Prozent für Carstensen als Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl - damals dachte man noch, die demonstrierte Entschlossenheit würde erst 2010 auf die Probe gestellt werden, anstatt schon in diesem September.
"Schweiß vorm Kopp" dürfte Carstensen angesichts seines Kontrahenten Ralf Stegner kaum haben. Zwar gilt er selbst nicht gerade als Stratege und vollzog manch abrupten Kurswechsel, doch zumindest gelang es ihm - im Gegensatz zum SPD-Lautsprecher -, seine Leute zu einen. Und auch, wenn Carstensen seit dem HSH-Nordbank-Debakel und dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Werner Marnette vermehrt aus den eigenen Reihen kritisiert wird: Konkurrenz für den mächtigen Nordfriesen ist zurzeit nicht in Sicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen