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Poppig substanzlos

■ Ex-„Pixie“ Frank Black ist jetzt solo

Nach fünf Jahren als Black Francis und Kopf der Noise-Rock-Formation Pixies mutierte Charles Michael Kitridge Thompson mittlerweile zum Solo-Karrieristen Frank Black. In wonniger Fülle setzt er sich auf dem Cover seiner aktuellen CD Teenager of the year zum ersten Mal selbst in Szene, als sei der ehemalige Rock-Innovator der König von Legoland.

Die Musik gibt solcher Kategorisierung Nahrung: ein nicht-enden-wollendes Kaleidoskop der Pop- und Rock-Geschichte wird da in appetitlichen Häppchen kombiniert – von Glamour des frühen Bowie reicht der Bogen bis zum Pop der 80er und zum melodisch-krachigen US-Collage-Rock. Punkig-erfrischend aus konservativem Blickwinkel, von der Underground-sensibilisierten Seite betrachtet nahezu aseptisch perfekt.

Eine Anzeige war der Anfang: „Peter, Paul, Mary & Hüsker Dü suchen Bassistin“, setzten drei Jungspunde aus Boston 1987 in die Zeitung. Kim Deal meldete sich und ihr charmant-brüchiger Gesang wurde neben Blacks vollmundigem Nölen das Markenzeichen der Pixies. Die Band präsentierte mit ihrer ersten LP Surfer Rosa einen leicht wehmütigen Hinweis auf die bunte Surfer-Welt, in die der in Kalifornien aufgewachsene Frank Black nicht gehörte. Bis 1992 spielten die Pixies vier Alben ein, die dem Stil des Erstlings treu blieben: hakenschlagender, krachig-frischer Independent-Rock mit unwiderstehlichem Pop-Charme, dazu belebender zweistimmiger Gesang und amüsante Texte jenseits jeglicher Sinnstiftung. Prägend war der Stil für weite Teile mittlerweile erfolgreicher Alternativ-Rockbands.

Die Pixies führten die Vereinigung festgefahrener Fronten vor: Freunde schräger Töne durften auch mal ihre unterschwelligen Harmonie-Träume ausleben, ungeschulte Ohren des Mainstream-Publikums bekamen Zuckerbrot und Peitsche. Nicht zuletzt Nirvanas Erfolg basierte, wie Kurt Cobain gerne zugab, auf diesem schmackhaften Rezept. Der Erfolg wuchs über die Stufe, wo fast alle Bands bei einer Major-Firma landen, hinaus, doch auch Abnutzungserscheinungen wurden sichtbar: Die Platten waren sich zu ähnlich. Dem Rechnung zollend verkündete der Bandleader 1993 das Ende der Pixies und von Black Francis.

Im selben Atemzug betrat Frank Black mit Nonchalance die Pop-Arena, seinen alten Gitarristen Joey Santiago und eine Platte im Gepäck. Das Werk zeugte von einem noch unbeschwerteren Kurs: Santiagos zerstörerisches Feedback wurde in den Hintergrund gedrängt, Streicher und Bläser veredelten Black'sche Rock-Perlen, die ihren Pop-Appeal jetzt unverhohlen zur Schau stellten. Eric Drew Feldman, Bassist des legendären Captain Beefheart, unterstützt nun den Frontman Black. Kim Deal verließ die Band und gründete die Breeders, eine 3/4-Frauenband, die mit knackigem College-Rock Frank Blacks Erfolg sogar noch übertrumpfte. Dennoch: Black produziert Ohrwürmer wie kein anderer. Dies ist denn auch, neben der scheinbar absurden, in sich geschlossenen Text-Welt des Science-Fiction-Fan Black der Angriffspunkt seiner Kritiker: Wo, bitte sehr, ist bei all dem Spaß der Inhalt? Übersehen wurde dabei nur, daß Pop von weitgehend artifizieller Substanz ist und Blacks Verbrechen darin besteht, dies nicht zu verschlüsseln. Uschi Steiner

Heute, Docks, 21 Uhr

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