: Polizisten mit Beschimpfungen bedroht
Eine Untersuchung der Polizei stellt fest: Bei Festnahmen solidarisieren sich vor allem Migranten gegen die Beamten
Das Phänomen beschäftigt die Polizei schon länger, aber sie hat dafür keinen griffigen Namen: „Plötzlich auftretende, gruppenbezogene Gewalt“ nannte es Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag im Innenausschuss. Von Anfang 2007 bis November 2008 ist die Polizei 21-mal mit diesem Problem konfrontiert worden. Die Fälle sind nun laut Glietsch von einer Arbeitsgruppe ausgewertet worden.
Das Phänomen kann auftreten, wenn Polizisten in der Öffentlichkeit eine Festnahme versuchen. Dann kommt es zu einer spontanen Menschenansammlung. Junge Männer, laut Glietsch meistens mit Migrationshintergrund, aber auch Anwohner und Ladenbesitzer solidarisieren sich mit dem Festgenommen, indem die Beamten verbal attackiert werden. Körperliche Übergriffe erfolgen aber eher selten.
In guter Erinnerung ist noch ein Vorfall, der sich im November 2006 im Kreuzberger Wrangelkiez abspielte. Polizisten nahmen auf der Straße mehrere halbwüchsige Migrantenkinder wegen Raubverdachts fest. Flugs waren die Beamten von einer Menschenmenge umringt. In einer Pressemittelung der Polizei wurde der weitere Verlauf damals so beschrieben: 80 bis 100 Jugendliche gingen massiv gegen die Beamten vor. Am Folgetag hieß es in den Medien, im Wrangelkiez sei der Mob los.
In Wirklichkeit war es etwas anders. Aber das räumte der Polizeipräsident erst später in einem taz-Interview ein: Die 100 Versammelten hätten „die Akklamationskulisse für einige wenige Personen gebildet“, die versuchten, die Festgenommen zu befreien.
Die 21 Fälle, die die Polizeiarbeitsgruppe nun untersucht hat, eint, dass es sich überwiegend um „Spontansolidarisierungen“ von Bürgern mit Migrationshintergrund handelt, so der Polizeipräsident. Schauplatz des Geschehens seien Wedding, Neukölln und Kreuzberg. Die betroffenen Beamten hätten die Situation stets als bedrohlich wahrgenommen, obwohl es zumeist bei Beschimpfungen geblieben sei.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warnte davor, Migranten pauschal zu unterstellen, sie hätten keinen Respekt vor der Polizei. Gemessen an anderen Zahlen handele es sich bei 21 Vorfällen um einen „Promillebereich“.
924 Polizisten wurden im vergangenen Jahr bei Einsätzen verletzt, so Glietsch. 3.371-mal hätten Beamte Widerstandshandlungen angezeigt. Seit zehn Jahren belege Berlin damit bundesweit einen „traurigen Spitzenplatz“. PLUTONIA PLARRE