Polizeikarrieren: Filz-Vorwürfe gegen Pistorius

Weil Niedersachsens SPD-Innenminister die Polizeispitze seines CDU-Amtsvorgängers ausgewechselt hat, wittert die Opposition nun Parteigeklüngel.

Aus dem Amt geschoben: Hans-Jürgen Thurau, Heike Fischer und Axel Brockmann (von links). Bild: dpa

HANNOVER taz | Den Titel „Abschiebeminister für hochqualifiziertes Personal“ hat sich Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) für die Umbesetzung seiner Polizeiführung eingehandelt. Gleich drei der landesweit sechs PolizeipräsidentInnen hat Pistorius in den ersten Wochen nach Amtsübernahme von seinem Vorgänger Uwe Schünemann (CDU) ausgetauscht. Der hatte sich den Titel „Abschiebeminister“ wiederum wegen seiner rigiden Ausländerpolitik erarbeitet.

In einer aktuellen Stunde im Landtag in Hannover forderte die schwarz-gelbe Opposition gestern Aufklärung über die Personalwechsel. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach von einem „Selbstbedienungsladen für Parteisoldaten“. CDU-Innenpolitikerin Angelika Jahns überreichte Pistorius ein gebasteltes „rotes Parteifilz-Buch“. Ohne Angabe näherer Gründe hat der die Polizeispitzen in Hannover, Osnabrück und Oldenburg aus der Ära Schünemann abberufen – allesamt politische BeamtInnen.

Hannovers Polizeipräsidenten Axel Brockmann (CDU) versetzte Pistorius ins Innenministerium. Keine anderthalb Jahre im Amt hatte sich Brockmann vor allem gegen Rockerkriminalität in Hannover eingesetzt und an dem Verbot der rechtsextremen Gruppe „Besseres Hannover“ mitgewirkt. Ihm folgt der parteilose Volker Kluwe, bislang Landespolizeidirektor. In Oldenburg wurde Hans-Jürgen Thurau (CDU) in den einstweiligen Ruhestand geschickt und durch Johann Kühme (SPD) ersetzt.

Eingesetzt werden politische Beamte im Bund wie auch in den Ländern vor allem in Schlüssel- und Spitzenposten.

Als Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung genießen sie besonderes Vertrauen der jeweiligen Regierung - ist das nicht mehr gegeben, können sie jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

In Niedersachsen haben Staatssekretäre, Regierungssprecher, der Landespräsident für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz und der Verfassungsschutzpräsident den Status des politischen Beamten.

Die Polizeipräsidenten kamen 2004 unter Schwarz-Gelb hinzu, wie es auch in Ländern wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen üblich ist.

Besonders in der Kritik steht der Wechsel in Osnabrück: Dort scheidet Polizeipräsidentin Heike Fischer (parteilos) mit nur 50 Jahren ebenfalls in den einstweiligen Ruhestand aus. Ihren Posten übernimmt Bernhard Witthaut, SPD-Mitglied und Bundesvorsitzender der SPD-nahen Gewerkschaft der Polizei (GDP). Rot-Grün sei mit dem Ziel angetreten, Spitzenposten paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen, führte FDP-Fraktionschef Dürr im Landtag an. Mit Fischer werde stattdessen „eine Frau rausgeschmissen und durch einen SPD-Mann ersetzt“.

Innenminister Pistorius wies die Kritik strikt zurück: Er habe „unabhängig von Parteizugehörigkeiten“ entschieden. Politische Beamte aber hätten eine besondere Vertrauensposition für die Landesregierung. Sie könnten „jederzeit ohne Angaben von Gründen“ versetzt werden, wenn sie „nicht mehr mit den politischen Ansichten und Zielen der Regierung übereinstimmen“.

Pistorius verwies zudem darauf, dass sein Vorgänger überhaupt erst Personal mit besonderem Vertrauensverhältnis an die Polizeispitze gesetzt habe: 2004 machte Schünemann kurz nach Antritt die Polizeipräsidenten zu politischen Beamten.

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