Polizeikalender in Bayern: Rassismus, die Zweite?
Wieder sind rassistische Karikaturen aufgetaucht, die aus einem Polizeikalender stammen sollen. Doch bei der Gewerkschaft will man davon nichts wissen.
MÜNCHEN taz | Wer führt hier eigentlich was im Schilde? Erneut sind am Freitagabend unverhohlen rassistische Karikaturen aufgetaucht, die den Alltag von PolizistInnen vermeintlich humoristisch darstellen sollen. Welt Online und Berliner Morgenpost hatten verbreitet, die Karikaturen würden angeblich von der Bayern-Sektion der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stammen. Doch dort weiß man davon nichts.
„Die Gewerkschaft der Polizei in Bayern hat definitiv keinen Kalender verlegt oder herausgegeben“, sagte deren Landesvorsitzender Helmut Bahr der taz. Er sei irritiert und erstaunt, so Bahr und könne sich nicht erklären, wie es zu dieser Behauptung gekommen sei. Auch sein Vorgänger, der bayerische SPD-Abgeordnete Harald Schneider habe als GdP-Chef keinen Kalender herausgegeben, so Bahr.
Dies hatten Welt Online und Berliner Morgenpost in ihren Artikeln behauptet, die Texte jedoch noch am selben Abend wieder aus dem Netz genommen. In einer Stellungnahme der Welt Online-Redaktion heißt es dazu etwas verklausuliert: „Aufgrund der insgesamt zweifelhaften Faktenlage und widersprüchlichen Hintergründe sowie mit Blick auf die schweren Vorwürfe, die sich daraus ergeben, haben wir uns entschlossen, die Geschichte zunächst von der Seite zu nehmen."
Die Karikaturen, die der taz vorliegen, zeigen unter anderem einen unglücklich drein blickenden Affen und zwei ratlose Polizisten auf der Wache. Unter der Zeichnung heißt es: "Er behauptet nicht aus dem Zoo sondern dem Asylantenlager zu stammen." Auf einem anderen Motiv sind mehrere Frauen im Tschador zu sehen – unterschrieben mit „Schleierfahndung?“ Ein Bild, das einen Schwarzen zeigt, dessen Fingerabdrücke genommen werden, ist mit dem Satz "Bei ihm brauchen wir keine Druckerschwärze. Es reicht, ihm die Finger anzufeuchten" unterschrieben. Und unter einer Zeichnung, die einen Schwarzen zeigt, der von einem Polizisten einen Fußtritt bekommt, steht: "Kommt doch aus nem sicheren Tritt-Staat“.
„Da will uns jemand was unterjubeln“
Jedoch sind die Karikaturen zum Teil schon Jahre alt. Manche stammen bereits aus den Neunziger Jahren. Wenige Tage zuvor, hatte ein Kalender mit latent rassistischen Zeichnungen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) für Empörung gesorgt. Von diesem hatten sich aber bereits mehrere Dienststellenleiter in Bayern distanziert.
Nun stellt sich die Frage, wie diese Falschinformation an die Medien gelangt ist. „Es sieht so aus, als ob jemand versucht, uns etwas unterzujubeln“, sagte der bayerische Gewerkschaftsvorsitzende Bahr. Ebenso seltsam ist es, dass die Internetseite des Karikaturisten, der gemäß dem Blog publicatice.org seit 25 Jahren als Polizist arbeitet, am Sonntag nicht abrufbar war.
Eine erste Version dieses Textes basierte auf einer veralteten Faktenlage. Inzwischen stellt sich die Situation anders dar - deswegen hier nun eine aktualisierte Fassung der Geschichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste