Polizei: "Es geht nicht um Herrn Pfeiffer"
Trotz Kritik hält Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) am Ausstieg aus der Studie zur Gewalt gegen Polizisten fest. Die habe keine Aussicht auf Akzeptanz.
taz: Haben Sie kalte Füße, Herr Ahlhaus?
Christoph Ahlhaus: Kalte Füße? Meinen Sie witterungstechnisch oder wegen der Studie?
Wegen der Studie. Die Gewerkschaft der Polizei glaubt, dass Sie aus Furcht vor den Ergebnissen aus der Studie zu Gewalt gegen Polizisten ausgestiegen sind.
Mit Sicherheit nicht. Auch wenn es andere absichtsvoll verkürzen: Ich habe nichts gegen eine vernünftige Studie. Aber die diskriminierenden Fragestellungen wie sie in der Studie von Professor Pfeiffer vorgesehen sind, lehne ich strikt ab. Auch nach der Überarbeitung des Fragenkatalogs ist es in meinen Augen nicht viel besser geworden. Und unter den Polizisten gibt es eine starke Kritik - deswegen bin ich überzeugt, dass das Ergebnis der Studie keine Akzeptanz haben wird.
Noch einmal zur Chronologie: Laut Christian Pfeiffer waren die monierten Fragen zur Gewalterfahrung von Polizisten in ihrer Kindheit längst gestrichen als Sie Ihre Absage damit begründeten.
Auch der überarbeitete Fragebogen ist für unsere Beamten nicht zumutbar. Die Akzeptanz ist dafür nach wie vor nicht da. Ich habe auf der Innenministerkonferenz erleben müssen, dass etliche Bundesländer an verschiedenen Stellen des Fragebogens Kritik äußerten.
Neun Bundesländer werden voraussichtlich an der Studie teilnehmen. Isoliert sich Hamburg?
Im Gegenteil. Neben dem Bund sind Sachsen und Nordrhein-Westfalen der Hamburger Linie gefolgt und nehmen nicht mehr teil. Und ich bin mir sicher, dass weitere folgen werden.
Der - nun reduzierte - Forschungsansatz von Herrn Pfeiffer ist so absurd nicht: in einer Untersuchung um Gewalt gegen Polizisten zu beleuchten, wie die eigene Gewalterfahrung der Betroffenen ist.
Es geht überhaupt nicht darum, eine fundierte wissenschaftliche Analyse zu verhindern. Das Institut hat es allerdings falsch angepackt. Etliche Fragen sind tendenziös und haben das Vertrauen in eine seriöse Untersuchung erschüttert.
Kritiker meinen, dass es vor allem der liberale Ruf des Kriminologischen Forschungsinstituts war, der Sie gestört hat.
Das spielt für mich keine Rolle. Es geht mir nicht um die Person von Herrn Pfeiffer.
Wenn Sie so klar sagen, dass es mit einem höheren Strafrahmen alleine nicht getan ist - was haben Sie noch im Sinn?
Strafverschärfungen sind ein Baustein. Wir müssen aber auch über Prävention nachdenken. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Politik allein, die Gesellschaft insgesamt muss sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und für eine seriöse wissenschaftliche Bearbeitung gibt es ja auch noch andere Möglichkeiten, zum Beispiel durch die Hochschule der Polizei in Münster.
Der zuständige Professor der Polizeihochschule hat jeden Fragebogen des KFN gelobt und beteuert, er sähe keinen Anlass für eine eigene Studie.
Da bin ich, wie gesagt, anderer Auffassung - und nicht nur ich allein. Eine professionelle wissenschaftliche Untersuchung darf das Täter-Opfer-Verhältnis nicht umkehren und die Polizei vorverurteilen.
Aber nicht bei Großdemonstrationen sondern bei Streifenwageneinsätzen kommt es am häufigsten zu Gewalt gegen Polizisten.
Hier - und auch beim Streifenwageneinsatz - muss der Rechtsstaat zeigen, dass er sich schützend vor seine Beamten stellt.
Mit Ihrem Ja zu mehr Forschungsbedarf schließen sie sich Justizsenator Till Steffen an, der den Rückzug aus der Studie ausdrücklich bedauert hat.
Im Forschungsbedarf sind wir uns einig. Ich habe aber als fachlich zuständiger Senator entschieden, dass wir an dieser speziellen Studie nicht teilnehmen und dabei bleibe ich auch. Wie gesagt: Ich habe grundsätzlich nichts gegen wissenschaftliche Studien, wenn sie professionell sind.
Derzeit macht die Hamburger Polizei eher durch eigene Gewaltausübung von sich reden: nämlich beim Einsatz in Blankenese gegen Gegner eines NDP-Standes. Wie möchten Sie das angehen?
Unser Dezernat Interne Ermittlungen prüft entsprechende Vorwürfe unabhängig und gründlich. Ihre Vorverurteilung in Ihrer Frage kommt vorschnell und ist deshalb völlig fehl am Platze.
Aber auch hier Forschungsbedarf?
Ermittlungsbedarf.
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