Polizei vergisst Benachrichtigung: Beinahe anonym beerdigt

Die Nachricht vom Tod eines Angehörigen überbringt normalerweise die Polizei. Die Eltern des verstorbenen Helge T. informierte sie jedoch nicht.

Hier auf dem Riensberger Friedhof liegt nun auch Helge T. begraben. Bild: Wikimedia Commons

Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Andachtsraum des Beerdigungsinstituts am Riensberg während der Trauerfeier für Helge T. – neben den Eltern und seiner Schwester waren über 70 FreundInnen erschienen, um Abschied zu nehmen. Dabei wäre T. um ein Haar anonym beerdigt worden. Obwohl die Polizei seine Eltern ausfindig gemacht hatte, erfuhren die nur durch Zufall vom Tod ihres Sohnes.

T. starb am 14. April, einem Sonntag. Eine Nachbarin wunderte sich, dass bei ihm montags morgens noch der Fernseher lief, sah nach und entdeckte den Toten auf seinem Sofa, vor sich ein Glas Rotwein. Kurz zuvor war T. wegen einer Herzerkrankung behandelt worden; wahrscheinlich erlag der erst 47-Jährige einer Embolie. T. wurde in die Rechtsmedizin gebracht, und die Polizei fuhr zu seinen Eltern, um die traurige Nachricht zu überbringen.

Bloß: T.’s Eltern waren nicht zu Hause. Also fuhren die Beamten wieder weg. „Die haben weder eine Nachricht hinterlassen noch bei den Nachbarn Bescheid gesagt“, erzählt T.’s Mutter. Fünf Tage später, am Samstag, klingelte ihr Telefon. „Eine Frau wollte wissen, wann Helge beerdigt wird – so haben wir von seinem Tod erfahren.“

T.’s geschockter Vater rief die Polizei an und wurde an das Nachlassgericht Bremen verwiesen. Dort habe man ihnen mitgeteilt, dass die anonyme Beerdigung ihres Sohnes bereits anberaumt gewesen sei.

„Wir können den genauen Gesprächsverlauf nicht mehr rekonstruieren“, sagt dazu eine Sprecherin des Gerichts, „aber wir haben bestimmt keinen Termin genannt.“ In jedem Falle nämlich würde das Nachlassgericht vorher noch einmal überprüfen, ob es wirklich keine Angehörigen gebe oder diese nicht erreichbar seien.

„In jedem Falle“, sagt auch eine Sprecherin der Polizei, „werden Angehörige, die nicht zu Hause sind, schriftlich informiert – das geschieht ja sogar schon, wenn Ihnen das Auto aufgebrochen worden ist.“ Warum Helge T.’s Eltern keinen Bescheid erhalten haben, kann sie freilich nicht erklären.

Zweimal seien Beamte am 15. April dort gewesen, „und am 16. April vermutlich noch mal“. Aber nie sei jemand zu Hause gewesen. „Zum Schichtende wurde die Sache dann an das Polizeikommissariat West verwiesen, und als der dortige Sachbearbeiter dann die schriftliche Akte hatte, hat der sich mit dem Nachlassgericht in Verbindung gesetzt.“ Dort habe er dann erfahren, dass sich bereits die Angehörige gemeldet hätten. Das müsse am 17. oder 18. April gewesen sein.

So kann es aber nicht gewesen sein, denn T.’s Eltern erfuhren erst am 20. April vom Tode ihres Sohnes und meldeten sich am 22. April beim Gericht. „Ich kann mir das zu diesem Zeitpunkt auch nicht erklären“, sagt dazu die Polizeisprecherin. Es tue ihr entsetzlich leid, was da passiert sei. Es werde jetzt versucht, die Vorkommnisse lückenlos aufzuklären. „Vielleicht handelt es sich hier um eine Verkettung unglücklicher Umstände.“

Welche das sein könnten, das weiß niemand, am allerwenigsten Helge T.’s Eltern: „Wir waren ja nicht im Urlaub oder so etwas“, sagt seine Mutter. Zumindest noch nicht, denn am 26. April wären sie und ihr Mann auf eine dreiwöchige Kreuzfahrt gegangen – nur wenige Tage nachdem sie per Zufall vom Tod ihres Sohnes erfahren haben.

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