■ Polizei: Verbrecher wie du und ich: Ergebnis ohne Gewähr
Da sage noch einer, der Innensenator sei ideenlos. Wenn Gefahr im Verzug ist, kennt die Phantasie offenbar keine Grenze, um Erfolgsmeldungen zu produzieren, die anderenorts höchstens als kabarettistische Lachnummer durchgingen. Bei der Freiwilligen Polizeireserve gibt es nicht mehr Kriminelle als auch in „anderen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen anzutreffen sind“, teilt uns Dieter Heckelmann zufrieden mit. Es ist, gelinde gesagt, doch etwas überraschend, wenn sich der Innensenator damit zufriedengeben sollte. Nicht einmal mehr die taz würde sich erlauben, das zu behaupten — aus Sorge vor einem Verleumdungsprozeß. Bislang jedenfalls durfte die Bevölkerung berechtigterweise von der staatlichen Ordnungsmacht erwarten, daß dort andere Maßstäbe angelegt werden. Es ist eine Bankrotterklärung, wenn die Polizei nun auch für sich einen gesellschaftlich durchschnittlichen Anteil an Kriminellen reklamieren wollte. Beruhigen kann die Bilanz des Innensenators deshalb nicht – zumal 104 Reservisten noch überprüft werden müssen. Die Kennzeichnung des Berichts als das „vorläufige Endergebnis“ ist zudem entlarvend: Wie beim Lotto muß man sich wohl ein „ohne Gewähr“ hinzudenken.
Die SPD freilich geht milde mit den statistischen Kunststückchen des Innensenators um. Anfang Februar erinnerte sich Partei- und Fraktionschef Staffelt nach den skandalösen Enthüllungen und unter dem Druck der Öffentlichkeit plötzlich wieder an den alten Beschluß der Partei, daß die Polizeireserve als geschichtlich überholt aufzulösen sei. Nun scheint das bereits wieder Schnee von gestern; die Sozialdemokraten nutzen Heckelmanns Bericht, um davon wieder abzurücken. Dabei geht es nicht nur darum, wie weit die Polizeireserve von Kriminellen und Rechtsextremen unterwandert ist. Dies aufzuklären ist zwar zwingend notwendig, entscheidend aber bleibt: Diese Truppe, die zudem jedes Vertrauen in der Bevölkerung verspielt hat, hat jeden Sinn verloren. Gerd Nowakowski
Siehe Bericht auf Seite 18
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