: Politische Plattencover
POPKULTUR Die Platten mancher Musiker erschienen vor 1989 sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland, allerdings mit unterschiedlichen Covern. Wie die aussahen, zeigt derzeit eine Ausstellung in Hamburg
Wie vermarktete die Bundesrepublik vor dem Mauerfall die Popmusiker der DDR? Und wie die DDR die Künstler aus dem Westen?
Diesen Fragen geht die Ausstellung „Under Cover“ nach, die derzeit im Landesfunkhaus des NDR in Hamburg zu sehen ist. Die Ausstellung zeigt die Hüllen von Schallplatten, die zwischen 1949 und 1989 erst in einem Teil Deutschlands und dann in dem anderen Teil erschienen. Mit dem Wechsel zwischen Ost- und Westmarkt änderte sich die Gestaltung des Covers. Oft nur in Nuancen, manchmal aber auch fundamental.
Ein schönes Beispiel für einen richtiggehenden Systemwechsel in der Plattencover-Ästhetik ist das Cover der Puhdys-Platte „Kein Paradies / Wiedersehen“. Das Cover der Ostversion ist rein grafisch gestaltet nach den Prinzipien der abstrakten, dezidiert unsinnlichen Konkreten Kunst. Es gibt kein Bandfoto auf dem Cover, dafür ein Logo des „nationalen Jugendfestivals der DDR“ anlässlich des 30-jährigen Staats-Jubiläums – das Cover wird zur politischen Werbefläche.
Ebenfalls politische Propaganda scheint die West-Version dieser Puhdys-Platte zu sein. „Kein Paradies“ steht dick über einem DDR-Lastwagen. Die Band steht auf der offenen Ladefläche, sagt „Wiedersehen“ und verlässt ganz offensichtlich den Ort, der kein Paradies ist. Wie sollte man das anders verstehen, als als bewusste Diffamierung der DDR?
Ins Auge fällt auch das Ost-Cover von Chris Doerks „Die Rose von Chile“, das mit seinem Aufruf „Solidarität mit Chile“ die Funktion eines Flugblatts übernimmt. Das West-Cover hingegen ist frei von politischen Botschaften. Es illustriert lediglich den Titel mit einer roten Rose auf schwarzem Grund.
Auf dem Cover der Doppel-LP „He Jon“ und „Fern von Zuhaus“ der Puhdys zeigt das ostdeutsche Plattenlabel Amiga „ihre“ Puhdys ganz unbeschwert. Die Sonne strahlt, die Jungs auch und im Hintergrund stehen sattgrüne Bäume. Auf dem Westcover steht die Band vor einem großen, grauen Plattenbau – keine Sonne, aber überall Asphalt. „Ziemlich trist da drüben“, muss so mancher westdeutsche Plattenkäufer beim Blick auf das Cover gedacht haben.
Es sind diese politischen Implikationen, die die Ausstellung interessant machen. Sie bleiben allerdings eine Ausnahme: In der Regel waren sich die Schlagerstars aus Ost- und Westdeutschland in dieser Zeit ziemlich ähnlich. Die Mädchen auf den Covern hatten alle lange Haare, rot angemalte Lippen und große Kulleraugen. Die Jungs trugen Föhnwelle und Koteletten.
UTE BRADE
bis 10. November im Foyer von NDR 90,3 in der Rothenbaumchaussee 132 in Hamburg. Führungen täglich von 16.00 bis 17.30 Uhr.