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Politische Krise nach BankenpleitenRegierung in Island am Ende

Erst hat es die größten Banken Islands erwischt, jetzt muss auch die Regierung eingestehen, nicht mehr weiter zu wissen. Sie war nicht einmal ein ganzes Jahr im Amt.

Ministerpräsident Geir Haarde konnte nichts mehr retten. Bild: dpa

LONDON/REYKJAVIK ap/dpa/rtr Die Koalitionsregierung in Island ist nach Worten von Ministerpräsident Geir Harde gescheitert. Er selbst wolle noch bis zum Abend seinen Rücktritt beim Präsidenten einreichen. Die Koalitionsspitzen waren am Montag in Reykjavik zu Gesprächen zusammengekommen. Zuvor hatten sich die beiden Koalitionspartner – Haardes Unabhängigkeitspartei und die Sozialdemokratische Allianz – zu getrennten Gesprächen getroffen. Er hätte eine Fortsetzung der Koalition für die beste Lösung gehalten, sagte Haarde zu Journalisten. Dies sei aber nicht möglich.

Handelsminister Bjorgvin Sigurdsson hatte erst am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. Zugleich war der Leiter der Finanzaufsicht entlassen worden. Ministerpräsident Haarde hatte am Freitag vor dem Hintergrund der Massenproteste gegen die Finanzpolitik seiner Regierung für den 9. Mai eine vorgezogene Parlamentswahl angesetzt. Er selbst will wegen einer Krebserkrankung nicht mehr antreten. Seine Nachfolge als Vorsitzender wollen die Konservativen Ende März klären.

Die große Koalition war erst nach den Wahlen im letzten Mai gebildet worden. Ein halbes Jahr später brachen in der internationalen Finanzkrise die drei größten Banken Islands zusammen und bescherten den 320.000 Bürgern damit fast einen Staatsbankrott. Nur internationale Hilfe bewahrte das Land vor dem finanziellen Aus. Bei zuletzt täglichen Protestversammlungen vor dem Parlament verlangten tausende Isländer den Rücktritt der Regierung und schnelle Neuwahlen als Konsequenz aus der für das Land beispiellosen Krise.

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1 Kommentar

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  • J
    Jochen

    Solche Zustände wie in Island könnte es auch in Deutschland geben. Viele Betriebe der Autoindustrie und deren Zulieferer haben ihre Beschäftigten in zusätzlichen Urlaub oder in Kurzarbeit geschickt. Die Bundesregierung hat die Frist, in der das Kurzarbeitergeld gezahlt wird, von einem halben auf 1 1/2 Jahre verlängert. Damit versuchen sich die Parteien der Großen Koalition über die Bundestagswahl zu retten, denn es würde nicht für gute Presse sorgen, wenn es nach dem Auslaufen des Kurzarbeitergeldes kurz vor der Wahl zu Massenentlassungen kommen würde. Nun wird auf den Faktor Zeit gespielt, in der Hoffnung, dass die Lage in 1 1/2 Jahren eine andere ist. Wenn es aber zu keiner Besserung kommt, werden hunderttausende Menschen in 1 1/2 Jahren von der Kurzarbeit in der Arbeitslosigkeit und in 2 1/2 Jahren von dort in Hartz IV landen.

    Deshalb gilt: Warten wir ab, was in 2 1/2 Jahren in Deutschland sein wird.