Kommentar: Politikgewahrsam
■ Vorahnungen auf den 3.10. (s. S.22)
Die überharte Polizeiaktion gegen die paar handvoll Antifas vom letzten Samstag weckt böse Vorahnungen auf den Nationalfeiertag. Es wird immer klarer, daß der Einsatz auf dem Ziegenmarkt ein kleiner Vorgeschmack auf das war, was wir am dritten Oktober erwarten können: Angeordnete Jubelfeiern, und wem das nicht paßt, der darf zu Hause bleiben oder wird behördlicherseits weggeschlossen. Die Stadt wird präventiv in's Politikgewahrsam genommen.
Die Bremer OrganisatorInnen der Feierlichkeiten haben kaum einen Gedanken daran verschwendet, daß dieser Tag mindestens gemischte Gefühle auslösen kann. Nein, es soll ein Volksfest geben mit Promibelustigung. Kritische Töne werden geflissentlich dem polnischen Gastredner Szczypiorski überlassen, mit dem sich die Stadt schmücken darf. Wie dieser Tag politisch zu begehen wäre, ohne Ausgrenzung, der Gedanke hat kaum eine Rolle gespielt. Man muß nicht bei den Autonomen sein, um sich in diesen Planungen nicht wiederzufinden.
Bremen hat schonmal geübt, wie diese Stadt clean gehalten werden soll, wenn kurz vor der Bundestagswahl allerlei Politprominenz in der Stadt sein wird. Daß bloß kein Stäubchen auf unser kleines Dorf fallen möge. Man kann auch sagen: Die Verantwortlichen sind blöd genug, die Kritik auszusperren. Das wird niemandem bekommen. Jochen Grabler
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