Politiker debattieren über das Konjunkturpaket: Streit über Schulden
Sind 20, 40 oder erst 50 Milliarden Euro genug? In der Debatte um das Konjunkturpaket werden immer neue Zahlen ins Spiel gebracht. Derweil schwört die Kanzlerin alle auf ein schwieriges 2009 ein.
BERLIN taz Es ist eine Kritik, über die sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eher freuen kann. Bislang hieß es, sie verhalte sich in der Konjunkturkrise zu zugeknöpft und sitze wie eine Glucke auf den Staatsgeldern. Jetzt haben junge Abgeordnete aus CDU und CSU erstmals vor einem zu üppigen Konjunkturprogramm gewarnt. "Wir bitten Sie bei der Auswahl und dem Umfang der Maßnahmen zur Konjunkturstärkung mit größtem Augenmaß und äußerster Vorsicht vorzugehen", heißt es laut Handelsblatt in dem Schreiben der "Jungen Gruppe" aus der Unionsfraktion. Das Programm sei "auf nachhaltige Investitionen zu beschränken, die auch künftigen Generationen zugute kommen".
Erfüllen wird sich der Wunsch der Jungpolitiker nicht. Selbst Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) plädierte am Wochenende erstmals ganz offen fürs Geldausgeben. "Mir ist vollkommen klar, dass man die Tür zum Kassenraum nicht geschlossen halten kann", sagte der Minister. "Sonst wird sie in Panik von anderen eingetreten."
Einem unbestätigten Bericht der Zeitschrift Spiegel zufolge soll das im Januar zu beschließende Konjunkturprogramm einen Umfang von 40 Milliarden Euro haben. Aufgrund der Wirtschaftskrise und bereits beschlossenen Hilfen wird für den Haushalt 2009 ohnehin schon ein Defizit von 35 Milliarden Euro vorausgesagt. Insgesamt wären dann jene 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, die nach dem Maastricht-Vertrag die Höchstgrenze einer möglichen Neuverschuldung markieren. Nach einem anderen Zeitungsbericht will die Regierung vorerst nur 20 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben.
Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, riet sogar zu einem Konjunkturprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro. "Kurfristig sollten in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen Konsumgutscheine mit dreimonatiger Gültigkeit ausgegeben werden, jeweils 125 Euro pro Kopf", sagte er der taz. "Für die nachhaltige Wirkung sollten die öffentlichen Ausgaben um 25 Milliarden und der Staatskonsum um 5 Milliarden Euro angehoben werden."
Als größte Einzelmaßnahme kam am Wochenende ins Gespräch, die geplante Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zum 1. Januar aus Steuergeldern aufzufangen. Eine Senkung um 1 Prozentpunkt würde rund 10 Milliarden Euro kosten. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) machte den Vorschlag, bei der Kurzarbeit bessere Konditionen für diejenigen Firmen zu gewähren, die auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten.
Streit gab es erneut über die von der CSU geforderten Steuersenkungen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier drohte, das neue Konjunkturpaket notfalls ohne die Bayern zu verabschieden. "Die Koalition ist auch ohne CSU groß genug", sagte der Außenminister. "Niemand könnte eine Blockade des unbedingt notwendigen Investitionsprogramms verantworten." CSU-Generalsekretär Karl-Theodor von Guttenberg keilte zurück, Steinmeier offenbare damit eine "unsinnige und gefährliche Einstellung".
In einer per Internet verbreiteten Videobotschaft hatte Kanzlerin Merkel die Deutschen zum Wochenende auf ein schwieriges neues Jahr eingeschworen. 2009 werde "ein Jahr voller Herausforderungen", sagte sie. "Es wird viel zu tun sein, und wir werden die Kraft aller und das Mitmachen aller brauchen." Merkel sagte, im Zentrum des neuen Konjunkturpakets sollten Investionen vor allem für die Sanierung von Schulen und die Versorgung mit Internetanschlüssen stehen.
Am 4. Januar wollen CDU und CSU eine gemeinsame Linie zum Konjunkturpaket beschließen. In zwei Koalitionsrunden, am 5. und 12. Januar, wollen sie sich dann mit der SPD endgültig auf ein gemeinsames Ausgabenprogramm einigen.
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