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Polemik zum EinzelhandelDazu noch ein Heißgetränk?

Warum kann man nicht einfach das kaufen, was man will, ohne dabei noch etwas angeboten zu bekommen? Es reicht!

Unter Umständen war nur das Croissant gewollt, der Kaffee aber gerade im Angebot Bild: dpa

Es wirkt aus heutiger Sicht wie die Reminiszenz an eine lang vergangene Epoche, aber man konnte wirklich einmal Schreibwarenläden, Bäckereien oder die Post betreten und an der Kasse nur das bezahlen, was man wirklich haben wollte, ohne genötigt zu werden, noch mehr zu kaufen. Es war eine Zeit, in der es noch einen Einzelhandel gab, der diesen Namen auch verdiente. Einzelne Läden, die versuchten, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu stillen.

Ein paar von ihnen gibt es immer noch, und hat man es mit jemand Aufmerksamem zu tun, wird man beim Bezahlen allenfalls gefragt, ob es sonst noch etwas sein dürfe. Natürlich will auch dort Geld verdient werden, aber die Frage ist vor allem als Aufmerksamkeit gemeint, als nette Geste. Und manchmal erinnert man sich so tatsächlich daran, dass die Tesafilm-Rolle auf dem Schreibtisch leer und ein Milchhörnchen gut für die Stimmung am Frühstückstisch ist.

Meistens aber herrschen andere Sitten. Der Einzelhandel wird von Konzernen dominiert, die das Land mit Filialen überzogen haben, die alle gleich aussehen, ein gleiches Sortiment führen und gleiche Umgangsformen haben. Allen voran die, an der Kasse notorisch weitere Produkte anzupreisen.

„Wollen Sie zu Ihrem belegten Brötchen noch ein Heißgetränk? Gibt es zum Aktionspreis“, heißt es dann zum Beispiel an der Theke des Brotfabrikanten Kamps, der seine Läden nicht mehr „Bäckerei“ nennt, sondern „Backstube“ und seinen Mitarbeitern weiße Mützchen aufsetzt, weil irgendein Marketingstratege auf die Idee kam, dass eine Prise Mehlstaub-Nostalgie gut fürs Geschäft sei.

Bild: taz

Diesen und viele weitere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 26./27. Januar 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

Nicht aufmerksam, sondern unverschämt

Bei der Discount-Schreibwarenkette McPaper kann man kaum den Laden verlassen, ohne frontal von der Frage getroffen zu werden, ob man zum Druckerpapier einen Hunderterpack Prospekthüllen kaufen möchte. „Sind gerade im Angebot.“ Und am Schalter einer Postfiliale kann es passieren, dass man, wenn man nicht aufpasst, unvermittelt in ein Gespräch darüber verwickelt wird, ob man eigentlich mit seinem Bankkonto zufrieden sei.

Das ist nicht aufmerksam, sondern unverschämt. Ausgedacht von Menschen, die sich in ihren Zentralen den Kopf darüber zerbrechen, wie sich der Profit maximieren lässt. Weit entfernt von den Schaltern, an denen ihre bedauernswerten Mitarbeiter keine andere Wahl haben, als ihre Mitmenschen und sich selbst zu quälen. Denn keiner von denen tut das freiwillig.

Man muss nur einmal in die leeren Augen einer Verkäuferin blicken, die auf den Satz „Sie müssen mich das fragen, oder?“ mit einem stummen Nicken reagiert, als hätte man sie gefragt, ob unter der Ladentheke ein Krimineller kauert, der sie mit einer Pistole bedroht.

Wenn die Finanzinvestoren die Heuschrecken unseres Wirtschaftssystems sind, dann sind die Strategen, die sich solche Maßnahmen ausdenken und als Service verbrämen, die Hyänen. Die Raubtiere mit den plumpen Gesichtern ziehen in Rudeln übers Land und verhalten sich kleptoparasitär: Sie entreißen anderen ihre Beute und machen sich darüber her. Im Einzelhandel kann man dasselbe Phänomen als McPaperitis bezeichnen: Businesshyänen entreißen anderen ihre nett gemeinte Geste und fressen sich daran satt.

McPaperitis

Doch das ist noch gar nicht das Perfideste. Man kann sich solcher Methoden ja entziehen, indem man die von der McPaperitis befallenen Läden meidet. Mit Ausnahme der Post vielleicht, für die sich nicht so leicht eine Alternative finden lässt, weshalb es ratsam ist, sich am Schalter eine Verteidigungsmaßnahme zurechtzulegen. Etwa, indem man antwortet: „Danke, mit meinem Konto bin ich ganz zufrieden. Aber haben Sie was gegen Sodbrennen?“

Absurd wird es, wenn man mit den Verantwortlichen darüber ins Gespräch kommen möchte, was in der Kindheit schief gelaufen sein muss, wenn man nichts daran findet, der Menschheit derart auf die Nerven zu gehen. Dann passiert zum Beispiel dies: Anruf in der Pressestelle von Kamps, die Nummer steht auf der Website.

„Moment, ich verbinde Sie mit der Marketingabteilung“, heißt es schnell. In der Warteschleife zählt eine Stimme auf, was man alles auf dem Kasten habe. Gefolgt vom Hinweis: „Wir von Kamps können einiges, nur gerade nicht telefonieren.“ Was Kamps anschließend insofern eindrucksvoll unter Beweis stellt, als man nach 20 Sekunden aus der Leitung geschmissen wird. Ähnlich läuft es beim zweiten Versuch, und eine Mail wird erst gar nicht beantwortet.

info@mcpaper.de

An die Nummer der Zentrale von McPaper zu kommen, ist weniger einfach. Kein Hinweis im Netz, nichts im Telefonbuch. Zwei willkürlich angerufene McPaper-Filialen wissen nichts von einer Telefonnummer. In der dritten ist eine Dame am Telefon, die sagt: „Moment, ich glaube, draußen an der Tür steht was.“ Nach zwei Minuten kommt sie zurück und diktiert.

Dann: Anruf in der Zentrale. „Das ist ja nicht gerade einfach, Sie zu erreichen“, sagt man. Und erhält als Antwort, dass es auch nicht möglich sei, sich mit einem Ansprechpartner verbinden zu lassen. „Sie können ja eine E-Mail schreiben.“ Das tut man dann und ahnt, dass die E-Mail umgehend auf der Deponie der nie gelesenen Briefe landen wird: Die Adresse lautet info@mcpaper.de.

Ausgerechnet die Unternehmen also, die an ihren Ladentheken gar nicht genug mit ihren Kunden kommunizieren können, verstecken sich, wenn man sich mit ihnen darüber unterhalten möchte, hinter Warteschleifen und allgemeinen E-Mail-Adressen.

Wie schade. Hätte man die Verantwortlichen doch zu gern gefragt, ob es zu einem Interview nicht auch noch eine Gute-Nacht-Geschichte sein dürfe. Ist gerade im Angebot.

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28 Kommentare

 / 
  • A
    abby_thur

    @ Ich tu nur meine Pflicht

     

    Ich hab schon gewartet dass jemand die Nazi-Keule rausholt. Ist ja auch absolut das gleiche :-D

     

    @ von abby_thur

    "Wer sein Geld freiwillig damit verdient, andere zu nötigen und ihnen auf den Sack zu gehen, soll sich über entsprechende Reaktionen nicht wundern."

     

    Sie verstehen nicht, dass es zwischen "Nötigung" und X-Selling einen eklatanten Unterschied gibt: ich frage und empfehle nur, ich drängle nichts auf- wie jeder gute Verkäufer.

     

    Ein souveräner, halbwegs sozialisierter Mensch (Kunde)sagt einfach:"Nein, Danke", wenn er etwas angeboten bekommt.

     

    Es gibt im Handel durchaus Rankings wer den meisten Umsatz macht oder wer vom Produkt XY am meisten verkauft hat- mit entsprechender Würdigung dieser Leistung.

    Das spornt Verkäufer an und macht dann auch Spass.

     

    Verkäufer ist eben nicht nur ein Job, den man so nebenbei erlernen kann, sondern ein anspruchsvoller Beruf, der mehr erfordert als nur kassieren.

  • QT
    "Ich tue nur meine Pflicht!"

    Hab ich doch schon mal gehört irgendwo?

     

    Ach nein, ist ja gaaaaanz was anderes.

    Zivilgesellschaft fängt ja immer erst da an, wo das eigene Konto nicht betroffen ist.

  • A
    @abby_thur

    doch, verstehe ich, dass es das gibt.

    Ist dieselbe Schiene wie "Initiativanrufe" für irgendeinen Dreck.

     

    Wer sein Geld freiwillig damit verdient, andere zu nötigen und ihnen auf den Sack zu gehen, soll sich über entsprechende Reaktionen nicht wundern.

     

    Wer es sich so zurechtlegt, dass sich die Umgangsformen halt geändert hätten und alles nun mal kommerzialisierter sei, soll sich erst recht nicht über entsprechende Reaktionen wundern.

  • A
    abby_thur

    @SOLIDARISIEREN

     

    Ja, es gibt Menschen die den Job gerne machen und gebildet sind. Die haben einfach dennoch, trotz des Cross-sellings, Spass am Job. Werden Sie sicher nicht verstehen.

    Es ist nicht so, dass dieses genuschelte Sätzchen am Ende der Bedarfsermittlung nicht auch Spass machen kann.

  • A
    abby_thur

    Da stehe ich nun, genau die Person, die dem Herrn Schachtel so auf die Nerven geht.

    ob MC paper, MC Donalds, der post oder eben jetzt bei der Telekom am Telefon- Cross-Selling verfolgt mich mein gesamten Berufsleben lang.

     

    Es macht keinen Spass, mehr als nötig Zeit mit dem Kunden verbringen zu müssen, soviel vorweg. Meist ist dafür und für davon entstehenden Anschlussfragen des Kunden gar keine Zeit ( ja auch bei McDonalds gibt es Zeitvorgaben für die Bedienung an der Kasse) vorgesehen.

     

    Aber wenn der Chef sagt, machen wir es.Es ist halt Vorschrift. So wie es sie in jedem Job gibt und irgendwann gewöhnt man sich auch daran.

     

    Deswegen liebe Kunden: bleibt ruhig.wir machen nur unseren Job.

  • S
    Solidarisieren!

    So extrem wie heute war es natürlich noch nie!

    In Einzelfällen, ja, aber nicht so systematisch, flächendeckend, agressiv.

    Die Höflichkeit des Kunden wird systematisch ausgenutzt und als Druckmittel gegen ihn eingesetzt.

     

    Meine bevorzugte Vorgehensweise (außer solche Läden zu meiden, natürlich, oder einem einfachen Nein):

    Mir etwas mehr Zeit nehmen, den Angestellten, denen oft das widerwillige Trainig in Coaching- Kursen, die sie "freiwillig" als "Fortbildung" besuchen "durften" noch im Magen liegt, klipp und klar sagen, daß man ihre beschissene Situation in dieser Sache nachvollziehen kann.

    Und freundlich (!) und sehr zu deutlich zu erkennen geben, dass sich ein beherzter Griff in die Kasse ihrerseits, sobald sich eine Gelegenheit bietet, oder ein öffentlicher 3-monatiger Pranger für die verantwortlichen Marketingfuzzies keineswegs auf Kollisionskurs mit meinem moralischen Empfinden bewegt.

    Die Reaktionen sind manchmal verständnislos, aber oft auch klammheimliche Freude oder Erleichterung darüber, daß sie Solidarität erfahren.

     

    Es gibt auch Menschen, die aufgrund von Vermögen, Bildung, Intellekt die Wahl haben und sich dennoch so einen Job aussuchen. Die haben bei mir nicht viel zu lachen.

     

    Apropos: Ein Kabarettist auf die Frage, ob er Punkte sammele: "Seh ich aus wie ein Marienkäfer?"

     

    Friede den Hütten, Krieg den Palästen!

  • PM
    petra m[ller

    Super Kommentar dieser Artikel, ich bin auch voellig entnervt von Lidl wo man seit neustem immer ertragen muss < danke fuer ihren Einkauf heute und bis zum naechsten mal>

  • M
    Marie

    Das ist keine neue Masche von großen Konzernen! Das kennt jede Frau seit Jahrzehnten vom Frieseurbesuch.Einfaches Waschen, Schneiden Fönen geht kaum noch, ohne sich mehrfach gegen Haarpackung,Spülung,Strähnchen zu wehren. Ist das dann überstanden, gilt es, sich gegen das aufdringliche Angebot, noch Shampoo,Spülung,Spray etc. zu kaufen, zu wehren.

    Besonders passend ist so eine Aufringlichkeit bei einem Todesfall: Da drängt einem der Bestattungsunternehmer einen besonders teuren Sarg, eine besonders teure Decke und Rüschenkissen in Polyester etc. auf. Wenn man ihn lässt. Tenor: "Das ist Ihnen Ihr lieber Verstorbener doch wert". (Ich frag mich, ob die Polyesterdecke mit Rüschen und spitzen, 100% unverrottbar, eigentlich mit ins Grab darf, oder ob das viel Geld, das die Familie dafür zahlt, eine besonders hohe "Leihgebühr" ist.)Kostet ganz schön Nerven, sich da durchzusetzen. (Und ist hunderte Euro billiger als ein Heißgetränk).

    Das Wunderbare ist: Ich habe, als mein Vater im Sarg aufgebahrt war, unter die Decke geguckt: da lag schlichte Holzwolle, und es sah sehr unwürdig aus. Von wegen, der liebe Verstorbene ist einem doch was wert. Immerhin ist es ökologisch sinnvoll.

     

    Merke: lieber freundlich, aber deutlich "NEIN" sagen als sich zu ärgern. Und an die Adresse der Geschäftsleute: Denkt mal dran, dass viele Kunden mit den Füßen abstimmen. Mich sieht seit Jahren kein Friseursalon mehr, und Bäcker, die mir alles ögliche dazu aufschwatzen wollen, können ihre Brötchen an andere verkaufen, an mich nicht. Und wenn wir wieder einen Todesfall in der Familie haben, sieht uns dieser Bestatter auch nicht wieder.

  • BB
    Bono Beau

    UPSELL nennt sich das - und ist die aktuellste Blase in den Hirnen der Marketing-Menschen.

     

    "Wenn Sie Zigaretten kaufen, dann fragt der Zigarettenhändler Sie doch auch, ob sie noch ein Feuerzeug brauchen!"

     

    "Nein," sag' ich, "tut der nicht. Der sagt Ja, wenn ich frage, ob er's für heute anschreiben kann!"

     

    Aus der selben Quelle: "Verkaufen ist Service; Schweigen ist Zustimmung."

     

    Und die Mitarbeiter eines Verkaufssenders sind strengstens angewiesen, zu JEDEM bestellten Produkt MINDESTENS EIN UPSELL anzubieten, am besten - kein Scherz - zwei in einem Satz. Die upsell-quote ist dabei von erheblichem Einfluss auf die Höhe der Provision.

     

    Und die Kunden? Entwickeln Strategien, dem zu entkommen. Gibt aber kein Entkommen - weil ist betriebswirtschaftliche Modeerscheinung wie weiland die Mitarbeitermotivation. Heute könnte man wissen, dass es völlig ausreicht würde, wenn man aufhörte die Mitarbeiter zu demotivieren. Tut man aber nicht - siehe: upsell-quote....

  • K
    Kasperle

    Tipp: Schreibwaren nicht bei McPaper kaufen!

  • H
    Hendrik

    Danke für diesen Artikel!

    Ich habe immer wieder das Problem, wie ich meine tiefe Abneigung gegen diese Praxis den betroffenden, wahrscheinlich prekär beschäftigten, (Mit)arbeiterInnen kommunizieren soll..

  • S
    simona

    Danke für diesen lang überfälligen Artikel. Könnt Ihr nicht eine Aktion lostreten, sich gegen den widerlichen Schwachsinn zu wehren????

  • DF
    Dieter F.

    Darfs zu diesem Artikel gleich noch die "sonntaz" sein?

  • FW
    Frederik Weiss

    Ziemlich an den Haaren herbeigezogen - dieser Artikel. Warum stellt sich der Verfasser nicht die Frage, warum es „den Einzelhandel“ mit seinen ursprünglichen Leistungen nicht mehr gibt? Die Antwort ist einfach: Weil sich Zeitgenossen –wie der Verfasser- zu viele aufgeblasene „Überlegungen“ machen und nicht den Kern des Problems –wenn es denn auch nur von einer absoluten Minderheit als solches gesehen wird- erkennen.

    Mit der Schnäppchenmentalität, also der ständigen Suche nach „billigen Waren und Leistungen“, wird der Einzelhandel systematisch ausgerottet. Die Oberhand bekommen logischerweise Konzerne mit ihren Ladenketten und ihren Internetshops. In Innenstädten finden wir fast nur noch Ladenflächen, auf denen sich in Asien produzierte Bekleidung, sich kanibalisierende Mobilfunktarife und Kaffee-, Fast Food- und Imbissketten präsentieren.

    Diese Art der konzerneigenen Verkaufsflächen versucht natürlich alles mitzunehmen, was auch nur andeutungsweise in das weitere Umfeld ihres Sortiment passen könnte. Das Personal wird entsprechend geschult, potentielle Kunden zu animieren und die Form der Animation natürlich massiv „überwacht“. Viele Unternehmen zahlen ihren Mitarbeitern (kleine) Boni für sogenannte „Mehrverkäufe“. Ohne solche „Zusatzverkäufe“ kann eine (oft nur angelernte) für einen geschundenen Stundenlohn „multifunktional“ arbeitende Warenannahme-/Regaleinräum-/Kassenkraft schnell ihren Job los sein.

    Kurzum: Der beratende Einzelhandel wird immer mehr von zentral organisierten Systemhändlern verdrängt, die nur noch maximierten Umsatz bei geringen Personalkosten und jährlich höherem Profit auf ihr Schild geschrieben haben. Die Produkte und Leistungen sind zunehmend, was Herstellung und Herkunft betrifft, undurchsichtig.

    Was kann man als Otto-Normal-Verbraucher gegen die Verelendung des klassischen Einzelhandels tun? (Darüber gibt der Verfasser nur verschwindend geringen Aufschluss). Noch vorhandene echte Einzelhändler kann man stützen, indem die oft nur 100m Weg abseits der Hauptverkaufsalleen in Kauf genommen werden. Die Waren sind dort 1:1 zu sehen. Auch der bequeme Weg des Internetkaufs darf hinterfragt werden, nachdem sich die Preise (durch immer gespenstischere Rücklaufquoten) immer sichtbarer dem Einzelhandel angleichen. Zunehmen dürfte auch das Begreifen, dass Rücksendungen bei Internetkäufen immer Zeit und Mühe –und so letztendlich Geld- kosten.

    Letztendlich sollten sich (nicht nur oberflächlich) ökologisch denkende Zeitgenossen vor Augen führen, welche Umweltbelastungen dieser täglich millionenfache Transportzirkus (Fahrzeuge, schlecht bezahltes Personal, Kraftstoff, Staus, Verpackung, usw.) verursacht.

    Klagen über nervende Verkaufsmethoden nützen gar nichts, zumal das niemand ernsthaft interessiert. Die Konzerne werden nichts ändern – im Gegenteil: Die Schiene des ständigen „Mehrs“ wird massiv ausgebaut. Erleichternd ist für uns als potentielle Kunden, dass wir uns „unseren Händler“ aussuchen können und so die Verantwortung mittragen, ob der typische "Einzelhandel" weiter überleben kann.

  • M
    menschenfreund

    "Deaf's a bissal mehra sei"?, so Martina Schwarzmann, also: alte Jacke.

    Überall, von klein auf fragten mich Verkäufer/innen so oder ähnlich. Na und? Nö. Reicht doch. Oder?

    Alles Andere ist Futter für IQ-Minimalisten.

    Viel schlimmer und wirklich BEKÄMPFENSWERT sind die Zutaten die man beim Kauf von Lebensmitteln aufgezwungen bekommt. Es beginnt bei simplem Joghurt. Paßt man da einmal nicht auf, hat man einen Chemiecocktail an der Backe, der sich gewaschen hat. Von anderen "Lebensmitteln" erst gar nicht zu reden. Wir "modernen Menschen" sind definitiv nicht mehr in der Lage, uns nach unseren Vorstellungen zu ernähren, es sei denn, wir sind von A-Z Selbstversorger.

    Der Gesetzgeber erlaubt alles, was nicht sofort zum Tode führt in die Lebensmittelkette einzubringen.

    Das permanent und mit Nachdruck zu thematisieren, verehrter Herr Schächtele, kann inzwischen eine (dankbare) Lebensaufgabe sein.

  • SI
    sag ich nicht

    Oh, ja, das geht mir auch unwahrscheinlich auf die Nerven!!

    Mein schlimmstes Erlebnis (als ich noch ungeübter Kunde war): Ich ging in einen Klamottenladen (nur um mal zu gucken) und kam mit einem 56,00 (!) DM teuren Schlüpper wieder raus. Ich habe das Teil nie angezogen. Von da an haben ich das "schlecht gelaunte Kundengesicht" vor dem Spiegel geübt und bevor ich einen Laden betrete oder an die Kasse gehe, wird die Stirn in Falten gelegt und die Mundwinkel fallen gelassen. Das hat nicht sofort geklappt- die ersten Male bin ich aus entsprechenden Läden rausgerannt- aber seit nunmehr 17 Jahren funktioniert es .

  • N
    Niklas

    Der Artikel ist einfach herrlich zu lesen, weil der Nagel auf den Kopf getroffen wird. Schade, dass die Firmen uns Kunden keinen echten Service mehr bieten. Man kann nur hoffen, dass dieser Trend irgendwann durchbrochen wird. Es liegt aber auch an uns, den Kunden, hier durch unser Verhalten Einfluss zu nehmen.

  • K
    Kleinkrämer

    Der Beitrag trifft genau meinen Nerv. Gern werden die Beschäftigten im Handel mit Testkäufern und ähnlichen Kontrollattacken "verwöhnt". Da prasseln dann auch die Sprüche gebetsmühlenartig auf jeden Kunden, um nicht bei internen Bewertungen oder Analysen auf die Nase zu fallen. Es gibt dafür auch extra Coaching mit Rollenspielen, damit das Kasperletheater auch richtig der Regie entspricht. Wenn überhaupt möchte ich als Kunde nur ernstgemeinte, hilfreiche oder auch persönliche Gespräche führen. Die amerikanischen Floskelattitüden bringen da niemandem etwas, nur die Mitarbeiter dürfen es ausbaden.

  • E
    Eva

    Wenn ich mir vorstelle, daß der Store-Manager einer bekannten amerikanischen Kaffee-Haus-Kette auf der Videoaufzeichnung prüft, ob seine Untergebenen die Frage, ob es noch ein Espresso-Shot extra oder etwas zu essen sein darf, und beim Ausbleiben derselben Repressionen ergreift, kommt mir der Kaffee (ohne Extra-Schuß) hoch und ich muß unwillkürlich schlucken (allerdings keinen Cheese-Cake). Entmündigte, gegängelte und überwachte Mitarbeiter als Patentrezept für das Wohl der Wirtschaftsbetriebe - schöne neue Komsumwelt!

    MacPaper als Discount-Schreibwarenkette zu bezeichnen, das ist doch ein Witz? Discount hat was mit billiger oder wenigstens preiswerterh im Vergleich zum klassischen Händler zu tun, oder?

  • M
    Micha

    Nicht zu fassen: ich lese diesen Artikel, in dem sich jemand maßlos darüber aufregt, ständig mehr angeboten zu bekommen, als er will und siehe da: mitten im Artikel der freundliche Hinweis für mich: "Diesen und weitere spannende Texte lesen sie in der Sonntaz...", die ich am Kiosk kaufen könnte.

  • B
    Blume

    Ich habe 2 Jahre bei einer Cafékette gearbeitet. Uns wurde vorgeschrieben, den Kunden immer ein direktes Angebot zusätzlich zur Bestellung zu machen.

    Ich fand es immer sehr unverschämt, Leuten, die sich für etwas entschieden haben, noch etwas aufzudrängen und habe immer nur gefragt, ob dies alles gewesen sei oder ob noch etwas dazukommen dürfe. Bei einer geheimen Begutachtung durch einen Testkunden bekam ich deswegen statt 100 % "nur" 98% der zu erreichenden Punkte.....

    Wenns nur daran gelegen haben soll, kann ich damit gut Leben. Ich habe nie das Gefühl gehabt, ich würde den Leuten auf die Nerven mit den Fragen gehen und würde mich freuen, wenn ich selbst als Kundin auch generell für voll genommen würde bei McPaper und co....

  • S
    saeco

    das gleiche Elend mit den nervigen Fragen - noch nicht mal in ganzen Sätzen - bzgl. payback-, clubsmart- oder sonstigen Karten!

    aber nach einer einer Quittung muss man selbst fragen.

     

    Besonders bei Shell

  • UV
    Ulrich van der Schoor

    . . . klasse Artikel, der mir aus der Seele spricht. Das Problem mit dem Sodbrennen ist nur, dass unsere Poststelle im Eingangsbereich der ortsansässigen Apotheke plaziert ist! Da würde ich wahrscheinlich neben Maloxan auch noch mit Hühneraugenpflaster und Aspirin rauskommen, um dann beim Heimweg zu merken, daß ich die Briefmarken vergessen habe!

  • KJ
    Klaus J.

    Also, das Macpaper-Prinzip der Vollquatscherei verfolgt mich seit Jahren. Projektbedingt muss ich dort sehr häufig meine Einkäufe tätigen.

    Es ist ums Verrecken nicht möglich, einen Kauf ohne Nachfragen abzuschließen.

    Meine wiederholten Einwände, dass ich explizit diese Briefumschläge und sonst nichts möchte, stößt auf taube Ohren.

    Mein Eindruck, dass die MitarbeiterInnen unter starkem Druck stehen, verstärkt sich zusehends.

    Macpaper versteht es, die MitarbeiterInnen an der kurzen Leine zu halten.

    Gute Arbeit sieht anders aus.

    Glück Auf

  • J
    jockl

    Jaja der Wohlstand und seine Probleme...

  • H
    HMeab

    Hallo

    nicht nur in bei Kamps MC Paper und der Post ist das

    so heute habe ich erlebt, dass mann/frau sogar schon bei Subway danach gefragt wird ,gegen Aufpreis natürlich ob es ein noch eine andere Sorte Käse usw. sein soll.

    Allmählich reicht es.

    Und das schlimme darin ist das, dass mann/frau diesen

    Spruch an der Theke bis zu bezahlen in Koblenz 5 mal hört.

  • D
    Detektiv

    Bei google eingeben kann man auch Recherche nennen...

     

    McPaper Aktiengesellschaft

     

    14199 Berlin

    Bundesrepublik Deutschland

    Telefonnummer: (030) 554404-0

  • W
    westernworld

    diese form des kundenexorzismus heißt nicht umsonst crossmarketing.