Podiumsdiskussion über Berliner Clubkultur: Anziehen und abstoßen
Die Berliner Clubs sind legendär, ihre Attraktivität wertet die Stadt auf. Doch je reicher die Hauptstadt wird, desto weniger Nischen gibt es für Partyveranstalter.
BERLIN taz | 7 Prozent oder 19 Prozent? Zahlen, die die Clubbetreiber des vielgerühmten Berliner Nachtlebens um den Schlaf bringen. Können sie ihr Programm als Kunst deklarieren, beträgt ihr Umsatzsteuersatz 7 Prozent. Aber wann machen sie Kunst und wann ist ihre Dienstleistung Kommerz und somit höher besteuert?
Um solche Fragen ging es am Donnerstagabend bei einer Diskussion in der Berliner "Homebase". In den vergangenen Monaten schlossen Ausgeh-Institutionen wie die "Bar 25" ihre Pforten. Ihr Standort soll zur lukrativen Wohngegend umgestaltet werden.
"Berlin – reicher, aber trotzdem sexy?" war die Diskussion betitelt. Zur Gentrifizierung tragen schließlich auch die Clubs bei, die Berlin interessant machen und Menschen von weither anlocken. Andererseits profitieren die Clubs nicht vom neuen Wohlstand. Ihre Existenz stehe auf rechtlich wackligen Füßen, vorübergehenden Mietverträgen und Auseinandersetzungen mit Behörden und Anwohnern, wie der Moderator Jens Balzer einleitend feststellte.
Vor zahlreichen Interessierten debattierten Clubmacher, Vertreter politischer Parteien und Richard Meng, Sprecher des Berliner Senats. Dieser war sichtlich bemüht, auf die Musikschaffenden zuzugehen. Clubs seien Teil des Kulturlebens der Stadt, sagte er. Sie bestimmten "die Performance" nach innen und nach außen. Nach dem Vorbild des Medienboard Berlin-Brandenburg, einer zentralen Anlaufstelle für die Filmwirtschaft, soll 2013 auch ein Musik-Board entstehen, gab Meng bekannt.
Keine Lust zu feilschen
Dies stieß bei einem Teil der anwesenden Clubbetreiber auf Skepsis. Er reiche seit 14 Jahren Vorschläge ein, renne auf Behördenseite aber gegen eine Wand, stellte Ben de Biel, Macher des kürzlich geschlossenen Clubs "ADS" (ehemals "Maria"), resigniert fest. De Biel warf das Handtuch, weil er um seinen Mietvertrag nicht länger mit dem Immobilienbesitzer feilschen wollte.
Insgesamt nannte er die Linie des Senats "intransparent" und sprach von mangelnder Kommunikation. Ihm zur Seite sprang Klaus Lederer (Linke), der, als sei Wahlkampf, weniger "Verstaatlichung" forderte. Er griff die Liegenschaftspolitik des Senats an, obwohl seine Partei bis vor kurzem in der Regierung saß.
Für Heiterkeit sorgte die Bemerkung von Christopher Lauer (Piraten), er könne zu den Vorgängen nichts sagen, da seine Partei noch kein Profil in Bezug auf das Berliner Clubleben entwickelt habe. Katrin Schmidberger (Grüne) sorgte sich um die Unabhängigkeit des Musik-Boards und forderte, es möge die Vielfalt des Musiklebens abbilden.
Immerhin, so das Fazit der lebendigen Diskussion, die Politik hat die Bedeutung von Popmusik erfasst. Ob dieses Engagement das Überleben der Clubs jenseits ökonomischer Interessen sichern wird, bleibt abzuwarten.
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