Podest bei der Vierschanzentournee: Schmitt springt ins Epizentrum

Jahrelang außer Form fliegt Martin Schmitt beim dritten Springen der Vierschanzentournee in Innsbruck auf Platz drei. Wolfgang Loitzl baut seinen Vorsprung aus.

Hat sein Ziel mit einem Podestplatz erreicht: Martin Schmitt. Bild: ap

Martin Schmitt muss sich ein paar Sekunden sammeln. Soll er jetzt jubeln, weil er Dritter geworden ist, also endlich den ersehnten Podestplatz errungen hat? Oder soll er traurig sein, weil noch viel mehr möglich war, weil er geführt hatte vorm Finale zum dritten Springen der Vierschanzentournee und diese Chance auf den Triumph vertan hat? Schmitt ballt schließlich die Faust und lächelt. Er will sich freuen, weil er jetzt wieder mitspielen darf im Konzert der Großen seines Sports. Er wird von Wolfgang Loitzl umarmt.

Es war eine standesgemäße Kulisse, die Schmitt sich ausgesucht hat, um seine Rückkehr in die Weltspitze der Skispringer mit einem Podestplatz zu manifestieren. Aber natürlich hat er sich das Innsbrucker Springen, den wohl emotionalsten Wettkampf des Weltcups, nicht wirklich ausgesucht. Den dritten Platz hätte er auch schon früher akzeptiert, in Oberstdorf oder in Garmisch. Er war jedoch immer wieder zurückgefallen im Finale. So auch diesmal am Bergisel. Von eins auf drei. Da fällt Freude zunächst schwer, bei klirrender Kälte und strahlendem Sonnenschein.

Der Großteil der 25.000 Zuschauer war freilich gekommen, um die Flüge der österreichischen Protagonisten lautstark zu begleiten. Das Publikum von Innsbruck hat Nachholbedarf, im vergangenen Jahr war das Bergisel-Springen wegen stürmischen Windes nach einem Wärmeeinbruch abgesagt worden. Der Sonntag wurde ein Sprungfest, ein österreichisches, alle Tickets sind verkauft worden: Loitzl gewinnt vor Gregor Schlierenzauer. Der Teenager wohnt nur ein paar Kilometer entfernt vom Bergisel, es ist "seine" Schanze. 128,5 Meter weit ist Schmitt geflogen im ersten Durchgang. Danach griffen die Favoriten ins Geschehen ein. Simon Ammann, der Gewinner von Oberstdorf: blieb hinter Schmitt zurück. Gregor Schlierenzauer, österreichisches Wunderkind mit dem großen Traum vom Gesamtsieg, blieb hinter Schmitt zurück. Und schließlich Wolfgang Loitzl, Gewinner von Garmisch-Partenkirchen: blieb auch hinter Schmitt zurück.

Martin Schmitt hatte im März 2002 seinen bislang letzten von 28 Weltcupsiegen gefeiert. Vor acht, neun Jahren, als er noch ein junges Teenie-Idol war, kannte Schmitt solche Situationen. Doch dann hatte sich das Rampenlicht auf andere gerichtet, und Schmitt hatte oft Mühe, sich für das Finale eines Sprungwettbewerbs zu qualifizieren. Jetzt, ein paar Wochen vor seinem 31. Geburtstag, stand er wieder im Epizentrum der Aufmerksamkeit. "Ich war lange nicht mehr als Letzter da oben gesessen", sagte Martin Schmitt. Er habe versucht, alles auszublenden, um sich allein auf die Bewegungsabläufe zu konzentrieren, die er in den nächsten Sekunden abspulen musste. Doch er landete zu früh, um den Tagessieg zu erringen. Doch Martin Schmitt registrierte dankbar, dass es viele Skisprung-Experten ja gar nicht mehr für möglich gehalten hatten, dass er überhaupt einmal wieder das Podest würde erklimmen können. "Ich bin glücklich. Ich habe zwei gute Sprünge gehabt", sagte Schmitt.

Dieses Ergebnis, also Platz drei statt Platz eins, müsse man akzeptieren, sagte sein Trainer Werner Schuster aus Österreich. Auch er hat zufrieden gelächelt oben auf dem Trainerturm, als seine österreichischen Kollegen einmal mehr einen Freudentanz aufführten, weil ihre Schützlinge Schmitt noch abgefangen haben. Schmitts Podestplatz, das sei das "erarbeitete Ziel" gewesen - und das habe man nun erreicht. "Er wird immer souveräner", lobte er seinen Vorflieger.

Es ging noch weiter am Abend, nach Bischofshofen im Salzburger Land, wo sich am Dienstag entscheidet, wer die Vierschanzen-Tournee gewinnt. Wolfgang Loitzl ist im Vorteil, er hat 16 Punkte mehr auf dem Konto als Simon Ammann, der nur Platz acht in Innsbruck belegt hatte.

Die "Höhle des Löwen", so sagte Ammann, sei der Bergisel mit seinen kesselartigen Zuschauerrängen gewesen.

Er hatte wohl zu viel Angst vor dem Löwen.

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