: Plebejisch lachen
■ Alternativer britischer Humor at its best: "The Comic Strip" (Mo.-Do., 19.00, arte)
Die personellen Verflechtungen der britischen Humorszene lassen sich kaum noch als Stammbaum darstellen, eher schon als weitverzweigtes Gestrüpp. Jeder einzelne, von Rowan Atkinson über Robbie Coltrane bis Emma Thompson, hat mit den anderen schon mal auf der Bühne gestanden, einen Film gedreht, im Hörfunk gekalauert oder an einer Fernsehserie mitgewirkt.
Die Mitglieder des locker verbandelten Comedy-Ensembles „The Comic Strip“ liefen sich Anfang der achtziger Jahre über den Weg. Peter Richardson, eine zentrale Figur der jüngeren Komödiantengeneration, trat seinerzeit als Stand-up comedian im Londoner „Comedy Store“ auf, wo sich junge Nachwuchskomiker – ohne Gage zu bekommen – erproben durften und ihr Programm so lange vortragen konnten, bis sie vom geifernden Publikum oder dem rüpeligen Conférencier von der Bühne gejagt wurden. Richardson mißfielen diese Arbeitsbedingungen. Mit finanzieller Unterstützung eines Theatermagnaten und eines Filmproduzenten eröffnete er in Soho einen eigenen Club namens „The Comic Strip“. Hier fanden die Humorschaffenden der jungen Generation ein Forum, darunter spätere Fernseh- und Filmstars wie Dawn French und Jennifer Saunders, Adrian Edmondson, Rik Mayall und Peter Richardson mit seinem Bühnenpartner Nigel Planer.
Zu den regelmäßigen Gästen des florierenden Etablissements gehörten auch die Talentscouts der Fernsehgesellschaften. Channel4 buchte das Ensemble für eine Reihe von zunächst sechs Filmen, in denen die Absolventen der Strip-Schule diverse Film- und TV- Genres verulkten.
Als erstes nahmen sie sich die „Fünf Freunde“-Reihe der Kinderbuchautorin Enid Blyton vor. In „Five go mad in Dorset“ erweisen sich die vier bis fünf treuen Gefährten als hoffärtige, chauvinistische Rotznasen mit festgefügtem Weltbild. Frohgemut lassen sie alles verhaften, was ihnen verdächtig erscheint, und wenn es nur der dunkelhäutige Gepäckträger vom Bahnhof ist. Willig folgt die Polizei ihren Hinweisen und bedankt sich devot für die Mitarbeit, insbesondere nach Aufdeckung der großen demokratiefeindlichen Vaselineverschwörung.
Allerdings bleibt die Gruppe nicht unbehelligt von Krisen. „Zum Teufel mit den Abenteuern“, greint der neurotische Dick, „laufend belauschen wir geheime Gespräche, suchen irgendwelche vergrabenen Schätze, verfolgen Leute durch dunkle Tunnel... Ich hab's satt! Können wir nicht mal was anderes machen?“
Einige der Gags sind für hiesige Zuschauer allerdings schwer zu verstehen. So erscheint in der Rolle des übeltäterischen „bekannten Wissenschaftlers und Homosexuellen“ Onkel Quentin der Schauspieler Ronald Allen, den Angelsachsen bestens bekannt aus der populären Soap opera „Crossroads“. Insgesamt freilich sind die Filme der Reihe weniger als rasche Folge visueller oder verbaler Pointen, sondern mehr auf eine durchweg alberne Grundstimmung hin inszeniert.
Die Autoren, Regisseure und Darsteller aus dem Umfeld des „Comic Strip“ wurden in Großbritannien als Vertreter einer „alternative comedy“ bekannt. Ihre Späße waren rüde, mitunter plebejisch und ordinär, ihre zügellose Komik laut und grell. Die Fernsehanstalten ließen sie gewähren in der Hoffnung, ein junges Publikum zu erreichen. Diese Großzügigkeit hat sich letztlich für beide Seiten gerechnet. Fast alle Beteiligten ernteten in den Folgejahren Ruhm, Reichtum und Ehre. Harald Keller
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