: Plattitüden und Bullshit
betr.: „Es liegt nicht an dir“, (Bullshit-Bingo), taz vom 3. 6. 06
Das beschriebene „Platitüden-Bingo“ ist alter Wein in neuen Schläuchen. Seinen Ursprung hat es am Massachusetts Institute of Technology, wo im Jahre 1996 findige Studenten anlässlich eines Vortrages des damaligen US-Vizepräsidenten Al Gore im Publikum eine „Bullshit Bingo“-Karte mit so genannten „Buzzwords“ (Modewörtern) verteilten, um Gores Vorliebe für die verbale Mystifizierung von Banalitäten zu entlarven. Auf jener Ur-Karte fanden sich seinerzeit Wörter wie „Synergie“, „Corporate Identity“, „Benchmark“, „Visionen“, „Global Player“ oder „fokussieren“.
„Bullshit Bingo“ wurde seinerzeit per E-Mail-Anhang insbesondere in universitären Kreisen schnell weltweit verbreitet und weiterentwickelt. So erfreuten sich „Bullshit-Generatoren“, die banale, aber beeindruckende Phrasen erzeugen, zwischenzeitlich großer Beliebtheit (www.dack.com/web/bullshit.html). In den Geistes- und Sozialwissenschaften findet das Konzept gar fortgeschrittene Anwendung: Seit geraumer Zeit gibt es einen Internet-basierten „Postmodernism Generator“ (www.elsewhere.org/pomo), der völlig bedeutungslose und unverständliche, aber äußerst überzeugend klingende „sozialwissenschaftliche“ Aufsätze generiert.
„Bullshit Bingo“ hat im Übrigen für Teilnehmer an „Management Meetings“ oder Jahreshauptversammlungen sowie alle, die im beruflichen Alltag unter „Business Consultants“ oder sonstigen Klugschwätzern leiden müssen, seinen gleichermaßen unterhaltenden wie entlarvenden Charakter bis heute nicht verloren.
GABRIELE HELFERT, Frankfurt am Main