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Plattenhandel läuft Sturm gegen Compact–Disc–Verleih

■ Flut einstweiliger Verfügungen / Verleiher: „Keine Angst, wir haben guten Anwalt“

Hamburg (dpa) - Zwischen Videotheken und Schallplattenläden in der Bundesrepublik ist ein Zwist ausgebrochen. Während Schallplattenhändler die Compact– Discs für über 35 Mark pro Stück anbieten, verleihen Videotheken die laserabgetasteten Silberscheiben für eine Mark pro Tag. Dabei wird gleichzeitig eine Leer–Cassette zum Kauf mit angeboten, damit der Kunde die Musik zu Hause überspielen kann. Den Musikläden ist der Verleih dagegen durch die Lieferbedingungen der Schallplattenfirmen verboten. Nach Berichten aus der Musikwirtschaft besorgen sich Videothekare über dunkle Kanäle im Ausland die Compact–Discs und versuchen so, ein Verleih–Verbot zu umgehen. Mittlerweile soll es über 800 Videotheken mit CD–Vermietung geben. Wie der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft in Hamburg, Norbert Thurow, erklärte, wehren sich die Schallplattenfirmen mit einer Flut von einstweiligen Verfügungen, einer Verfassungsbeschwerde und einem Appell an die Bundesregierung, diese „Geschäftemacher“ zu stoppen. Der Vertriebs–Direktor der EMI– Electrola in Köln, Bernhard Krajewski, sprach nach mittlerweile über 30 erwirkten einstweiligen Verfügungen gegen Videothekare von einer neuen Art des „Freibeutertums“. Den ertappten Videothekaren drohen nach seinen Worten sechsstellige Schadenersatzforderungen der Künstler und der Schallplattenfirmen. Die CD– Vermietung zerstöre den gesamten Schallplatten–Handel innerhalb kürzester Zeit. Nach Meinung des Teldec–Geschäftsführers in Hamburg, Thomas M. Stein, müsse das Schicksal der japanischen Schallplattenfirmen mit Umsatzeinbußen von über 50 Prozent allen an Arbeitsplätzen interessierten Wirtschaftsexperten deutlich machen, daß hier eingeschritten werden müsse. Ein neuer Vertriebsweg tue sich für die Schallplattenfirmen nicht auf, weil die Videotheken die CD–Vermietung nur als „Lockvogel“–Angebote nutzten, um ihre „Video–Ladenhüter“ besser abzusetzen. Die Musik diene als Vehikel für die letzten Überlebenden eines ehemaligen Video– Booms. Zu dem Vorgehen der Schallplattenindustrie meint Ernst Hamann von einem Video–Verleih in Düsseldorf: „Wir haben keine Angst, weil wir alles durch einen Anwalt klären lassen“. Die Videotheken beziehen sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. März 1986, in dem die Vermietung von Tonträgern als zulässig bezeichnet wurde.

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