: Plastik-Parzelle: pfui!
■ Auch kleine Gärten können Lebensraum bieten, sagt der Naturschutzverbund, und zeigt es in Winterhude
Ob Villenpark oder Kleingartenparzelle – die meisten Hamburger Gärten bieten lediglich Gartenzwergen einen vernünftigen Lebensraum. Denn zwischen Waschbetonwegen, geometrisch abgezirkeltem Rasen und Vatis Rosenrabatten bleibt wenig Platz für Kreaturen, die nicht aus Plastik sind. Scheinbares Unkraut wird fleißig ausgezupft und vermeintliches Ungeziefer ausgerottet – damit Ordnung herrsche auf norddeutschen Blumenbeeten.
„Vielfalt statt Einfalt“ ist dagegen das Motto des Gartens, den Mitglieder des Naturschutzbundes in engagierter Arbeit in Winterhude angelegt haben. Zwischen Bahndamm und Autostraße ist mitten in der Stadt eine kleine Oase mit verschiedensten Lebensräumen für Pflanzen und Tiere entstanden.
Schon am Eingang können die BesucherInnen lernen, wie Boden versiegelt wird oder auch Luft zum Atmen bekommen kann: Auf ein paar Metern haben die NaturschützerInnen nacheinander Beton, Lochsteine und Holzbohlen verwendet, um den Weg zu befestigen. Schließlich tritt der Fuß auf einen Belag aus Baumrindenstücken, das ist die umweltfreundlichste Lösung. Im Bauerngarten und am Teich mit Feuchtbiotop, an der Trockenmauer und auf dem Magerrasen – auch karger Boden gestattet Graswuchs – gedeihen Gewächse und Kleingetier, die in unserer aufgeräumten Gartenkultur selten geworden sind.
Frösche veranstalten am Abend Quakkonzerte, Bienen und Hummeln summen, Vögel bauen ihre Nester in Sträuchern , die von Heckenscherenmassakern verschont bleiben. Ein Bienenstock mit Schaukasten gibt Einblick ins Leben des tierischen Staatsgebildes.
„Das rege Treiben in unserem Garten beweist, daß schon ganz wenig Platz genügt, um durch naturgerechte Anlage Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu schaffen“, sagt Peter Seelmann von der Naturschutzgruppe Winterhude/ Barmbek. „In jedem kleinen Garten können solche Biotope entstehen, wenn man der Natur gezielt Raum zur Entfaltung gibt.“
Das Sammelsurium verschiedener biologischer Lebensräume ist deshalb nicht nur ein Zufluchtsort für gestreßte StädterInnen, sondern auch eine Anlaufstelle für alle, die Naturschutz umsetzen wollen. In der Gartenhütte gibt es neben Kräutern für den biologischen Pflanzenschutz jede Menge Informationsmaterial für Interessierte.
Für die Wärmedämmung der Gartenhütte sorgt Kork, der von den BewohnerInnen des Stadtteiles gesammelt wurde. Ein Rohstoff, der sich sehr gut zur Wiederverwendung eignet, aber noch viel zu oft weggeworfen wird. Die Naturschutzgruppe plant deshalb eine Korksammelstation für ganz Norddeutschland mit einem bürgernahen Netz von Abgabestellen. Auch Wachsreste werden im Garten entgegengenommen, sie sorgen in einer speziellen Lampe für die abendliche Beleuchtung.
Für diejenigen, die während der Naturschau ein natürliches Bedürfnis verspüren, ist auch gesorgt: Das angebaute Kompostklo spart Wasser und produziert gleichzeitig Dünger. Ute Schmölz
Der Naturgarten liegt an der Bebelallee/Ecke Braamkamp und ist von April bis Oktober jeden Sonnabend von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Führungen können vereinbart werden (Tel. 4802538).
Wer seinen Garten naturnaher gestalten will, kann sich vom Naturschutzbund beraten lassen. Nähere Auskünfte unter 810807 oder 7157424.
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