: Planungssicherheit unter Vorbehalt
Senat will mit drastischen Schnitten in den Jahren 2007 bis 2010 an den Hochschulen 93 Millionen Euro einsparen. Studiengänge werden gestrichen, frei werdende Professorenstellen blockiert und alte Versprechen gebrochen
Planungssicherheit ist ein wichtiges Wort. Gleich mehrfach kommt es in dem Beschlussvorschlag vor, mit dem Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) heute im Senat seine angekündigten Hochschulkürzungen absegnen lassen will. Denn die Hochschulen des Landes Bremen glaubten, mit dem Hochschulgesamtplan IV für die Jahre 2005 bis 2010 Planungssicherheit zu haben, 1.583 Millionen Euro stand in dem Papier, dazu 260 Millionen Euro „Umbau-Investitionen“.
„Die Gesamtsumme von 1.844 Millionen Euro war durch die im Mai 2003 zwischen dem Senator für Wissenschaft und dem Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz geschlossene Rahmenvereinbarung abgesichert“, heißt es da. Wir schreiben 2006, da gilt das schon nicht mehr, was 2003 als Planungssicherheit versprochen wurde. Die neue Planungssicherheit liegt 93,3 Millionen Euro niedriger, aufgeteilt auf die Jahre 2007 bis 2010. Und auch diese neue Planungssicherheit steht „unter dem Vorbehalt der weiteren bremischen Finanzplanung“.
Zwar sind die Hochschulen theoretisch autonom, im Rahmen ihrer Zielvereinbarungen die zugewiesenen Mittel optimal zu verteilen. Das bedeutet aber nicht, dass das Wissenschaftsressort nicht bis ins Detail hineinreden würde. 14 Prozent der Professorenstellen sollen bis 2010 abgebaut werden, auch an den Fachhochschulen sind „erhebliche Abstriche an dem bisher vorgesehenen Studienangebot erforderlich“.
Die Forschung – das ein Beitrag zur Freiheit der Wissenschaft – soll noch stärker als bisher die „regionalwirtschaftliche Bedeutung… für den Wirtschaftsstandort Bremen“ im Auge haben. Parallelangebote an den verschiedenen Hochschulen sollen „überprüft“, auch Synergieeffekte mit Oldenburger Studienangeboten ins Auge gefasst werden. Und natürlich sind bei den Kürzungen die „Schwerpunkte in Bezug auf den Exzellenz-Wettbewerb“ zu berücksichtigen. Soweit die Theorie.
In der Praxis bringt es natürlich nichts, einen Studiengang zu schließen, für den gerade junge Professoren berufen worden sind. Wer wirkliche Einsparungen will, muss darauf gucken, welche „Stellen durch altersbedingtes Ausscheiden“ oder Umbesetzungen wirklich frei werden könnten. Wegen der Handlungszwänge sollen neben den „wenig forschungsintensiven“ Fächern auch „klassische große Fächer auf den Prüfstand“.
Die Beschlussvorlage für den Senat enthält einige Zahlen, die am Sinn der Operation zweifeln lassen. So ist die Grundausstattung der Universität deutlich geringer als an den anderen „Exzellenz-Kandidaten“. Die Bremer Hochschulen werden deutlich attraktiver für auswärtige Studierende – verlieren also ihren provinziell-regionalen Charakter. Auch bei den überdurchschnittlich hohen Drittmittel-Einwerbungen weist das Wissenschaftsressort mit gutem Grund nicht aus, welche aus der „Region“ stammen und welche Verbindungen überregional beziehungsweise weltweit bestehen. Schließlich kommt ab 2012 – also genau dann, wenn die Kürzungen dieser neuen Planung voll greifen – ein aufgrund der Verkürzung der Schulzeit an den Gymnasien doppelter Schülerberg an den Hochschulen an.
„Senator Lemke hat sich wissenschaftspolitisch aufgegeben“, kommentiert die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Silvia Schön, 3.200 Studienplätze müssten gestrichen werden, rechnet sie aus. Die ganze Operation wertet sie als ein weiteres Argument dafür, dass Hochschulförderung eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern sein müsse. Bremen allein jedenfalls sei von der Aufgabe, eine Wissenschaftslandschaft zu finanzieren, völlig überfordert. kawe