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■ Plädoyer für die doppelte StaatsbürgerschaftDie Reform muß kommen!

Der Konsens wächst. Der Konflikt auch. Die CSU hat kategorisch erklärt: Keine erleichterte Einbürgerung für hier lebende Noch-nicht-Deutsche. Von der Bonner Ausländerbeauftragten ist ein guter Vorschlag gekommen – allerdings bisher nur für die Öffentlichkeit, anscheinend nicht fürs Parlament. Die CDU hofft, daß sie sich halb hinter der CSU und halb hinter Frau Schmalz-Jacobsen verstecken kann. Die SPD hat einen Gesetzentwurf zur „Erleichterung der Einbürgerung und Hinnahme der Doppelstaatsangehörigkeit“ eingebracht, der im Bundestag beraten wird.

Seit den Lichterketten haben sich viele Initiativen gebildet: Erleichtert Einbürgerung, erlaubt die doppelte Staatsbürgerschaft! Macht Schluß mit den alten Zöpfen des „Reichsrechts“ von 1913, wonach Abstammung das entscheidende Kriterium für „Deutschsein“ ist. Diese Rechtstradition spricht aller Wirklichkeit moderner Gesellschaften Hohn, auch der deutschen. Aber immer noch geistert die Mär durchs Land, wir seien kein Einwanderungsland, wir seien das mehr oder weniger lupenreine Volk.

Ein gefährliches Märchen. Es gibt Zehntausende farbige Deutsche, die es bitter leid sind, dreimal am Tag gefragt zu werden, woher sie stammen. Es gibt Zehntausende eingebürgerte Deutsche, die ihre Kindheit irgendwo in der Welt verbracht haben. Die oft von ihren Nachbarn nicht als deutsche Staatsbürger anerkannt werden. – Wir müssen jetzt endlich lernen: Staatsbürgerschaft ist etwas anderes als Abstammung. Die Zugehörigkeit kann erworben werden durch den Rechtsakt der Einbürgerung.

Staatsbürgerschaft schützt vor Rassismus nicht. Sie konnte die Deutschen jüdischer Abstammung nicht vor der Vernichtung durch die Diktatur schützen. Und Rassismus gibt es auch in anderen westeuropäischen Staaten. Aber bei uns ist Rassismus immer noch mit dem tödlichen Alptraum verbunden, man könne „die anderen“ ganz und gar loswerden.

Auch darum braucht unsere Demokratie jetzt die Reform des Einbürgerungsrechts – als Signal gegen den Rassismus.

Die Reform muß kommen. Es gibt in allen Fraktionen viele Abgeordnete, die sie wollen. Wenn der Gesetzentwurf jetzt abgeblockt werden sollte, dann muß wie beim Paragraphen 218 der fraktionsübergreifende Gruppenantrag kommen. Denn das Staatsbürgerrecht unseres Landes ist eine sehr grundsätzliche Frage, die unsere Vorstellungen von der offenen zivilen Gesellschaft berührt. Diese Reform muß noch in dieser Wahlperiode begonnen werden. Sie darf nicht vom Wahlhürdenlauf im nächsten Jahr verdrängt werden. Freimut Duve

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