Piratenpolitiker über Parteispenden: „10.000 Euro sind schon signifikant“
Die Piraten veröffentlichen Namen von Spendern, die mehr als 1.000 Euro überweisen. Dass andere Parteien sich weigern, sei „vorgeschoben“, sagt Pirat René Brosig.
taz: Herr Brosig, nach dem Gesetz muss eine Spende erst ab 10.000 Euro öffentlich gemacht und der Spender genannt werden. Sie machen das bereits ab 1.000 Euro – online. Andere Parteien argumentieren, das sei technisch zu schwierig. Warum klappt es bei Ihnen?
René Brosig: Dieser Grund ist vorgeschoben. Gemäß Parteiengesetz ist jeder Spender ab 500 Euro namentlich zu erfassen, andernfalls darf die Spende nicht angenommen werden. Die Informationen liegen also vor.
Wie werden die Spenden bei Ihnen ins Netz gestellt?
Im Piratenwiki werden die Spenden von jedem Schatzmeister selbstständig eingepflegt. Eine Kontrolle der Eingaben findet derzeit nicht statt. Diese Regelung findet sich ja erst seit Dezember 2011 in unserer Satzung.
Wie sieht denn eine typische Spende an die Piraten aus?
Der Betrag betrug 2010 durchschnittlich knapp 50 Euro, wobei wir nicht zwischen Spende und Mitgliedsbeitrag unterscheiden. Beliebt sind Beträge, die der Nerd-Sprache im Netz entstammen, Zahlen wie 42 Euro, 133,70 oder 13,37 Euro. Spendenbeträge über 100 Euro sind weniger häufig, und vierstellige Beträge sind selten. Auffällig ist, dass die Spenden häufig an einen speziellen Zweck gebunden sind.
geb. 1976, arbeitet bei Siemens als Referent für Bilanzierung. Er trat 2009 den Piraten bei, 2011 wurde er Bundesschatzmeister. Kürzlich wurde er abgelöst.
Andere Parteien veröffentlichen Spenden zwischen 10.000 und 50.000 Euro erst anderthalb Jahre nach Erhalt, versteckt im Rechenschaftsbericht. Das entspricht den Regeln. Was halten Sie davon?
Für die Piratenpartei ist die Grenze definitiv zu hoch bemessen. Eine Spende von 10.000 Euro entspricht einem Prozent unserer Gesamteinnahmen, bestimmte Entscheidungsfindungen könnten damit signifikant beeinflusst werden. Das ist bei anderen Parteien mit höheren Einnahmen etwas entspannter, obwohl auch dort 10.000 Euro eine nicht zu unterschätzende Größe darstellen.
Parteispenden sind legal. Aber wer bezahlt wen? Spenden bleiben in Deutschland zum großen Teil anonym und intransparent. Die taz hat die deutschen Parteispenden über 10.000 Euro seit 1994 durchsuchbar gemacht: Unter taz.de/ parteispenden können Sie suchen, nach Adressen, Parteien, Beträgen, Firmen. Für Parteispendenwatch ist die taz für den Grimme Online Award nominiert. Sie können online für das Projekt abstimmen. (taz)
Was passiert, wenn die Piraten Großspenden bekommen? 2011 haben Sie 20.000 Euro von Rainer Langhans erhalten.
Die Partei konnte sich bisher nicht zu einer generellen Begrenzung der Spendenhöhe durchringen. Die Bundesschatzmeisterin empfiehlt aber, dass Spenden oberhalb von 50.000 Euro abgelehnt werden sollten, so wie es auch Transparency International befürwortet. Wichtiger als die Veröffentlichung der Spenden scheint uns die Veröffentlichung des Sponsorings zu sein.
Was läuft da schief?
Sponsoring unterliegt nicht der Veröffentlichungspflicht. Wenn Unternehmen 400.000 Euro für Werbung auf einem SPD-Parteitag entrichten, ist die Gegenleistung der SPD wohl kaum als gleichwertig zu bezeichnen. Die gleiche Zahlung müsste „ohne Gegenleistung“ als Spende veröffentlicht werden. Eine wirksame Kontrolle gibt es da also nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus