Piraten-Parteitag in Niedersachsen: Journalisten ab in die Zone
Auf dem Parteitag der Piraten in Niedersachsen sollen Journalisten nur in einem markierten Bereich filmen dürfen. Die Regelung stößt auf Unverständnis – auch beim Piratenvorstand.
BERLIN taz/dapd/dpa | Die Piraten in Niedersachsen haben ihren Presseskandal. Am Wochenende wollen sie in einem zweiten Anlauf ihre Liste für die Landtagswahl im Januar aufstellen. Da gebe es zum ersten Mal eine „Mixed Zone“, heißt es in einer Pressemitteilung: „gemischt“ aus Parteipolitik und Medienbeobachtung.
Es sollten demnach nur Piraten gefilmt werden, die sich in diesem Bereich aufhielten, „erkennbar mit einem orangen Band abgetrennt“. Und: „In allen übrigen Bereichen“ seien Ton- und Bildmedien „nicht erwünscht.“ Interviews werden in einem separaten Presseraum stattfinden, heißt es. „Um den Ablauf der Veranstaltung nicht zu stören.“
Das können selbst einige Piraten nicht glauben. Einer fragt auf der Mailingliste des Landesverbandes, „ob das eine Ente ist“. Verwunderung auch in der Bundespartei: „Ihr wollt da aber nicht wirklich Presseberichterstattung auf dem Parteitag einer politischen Partei einschränken, oder?“, twittert Klaus Peukert vom Bundesvorstand.
Protest kommt postwendend auch vom Deutschen Journalistenverband (DJV): „Wir finden das nicht akzeptabel“, sagt DJV-Landeschef Frank Rieger. Die Einschränkung von Ton- und Bildaufnahmen passe überhaupt nicht zu der von den Piraten propagierten Transparenz. Keine andere Partei habe ein Problem mit dem Filmen und Fotografieren bei einem Parteitag. Ein Parteitag sei keine „private Angelegenheit“, so Rieger.
Für die politische Konkurrenz ist es ein gefundenes Fressen. Die Piraten führten den Vorwurf der mangelnden Transparenz an andere Parteien selbst ad absurdum, ätzt der Vorsitzende der Jungen Liberalen Niedersachsen Oliver Olpen. Die Piraten stünden für eine „Kultur der Doppelzüngigkeit“.
Die Piraten begründen den Schritt mit dem Schutz der Persönlichkeit der Parteimitglieder. Es habe in der Vergangenheit Probleme damit gegeben, „weil einfach die Kamera draufgehalten wurde“ – auch auf Computerbildschirme. Als Einschränkung wollen sie die Ankündigung nicht verstanden wissen. Selbstverständlich dürfe auch im Saal gefilmt werden und nicht nur in im Foyer, heißt es plötzlich. „Wir haben uns nichts Böses dabei gedacht“, sagte Pressesprecher Carsten Sawosch der taz. „Es war der Versuch, das professioneller aufzuziehen, für beide Seiten.“ Man sei wohl missverstanden worden.
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