Filmverbot bei Parteitag in Niedersachsen: Piraten aus der Zone
Auf dem Piraten-Parteitag in Niedersachsen blieb es dabei: Medien durften nur in bestimmten Bereichen Filmaufnahmen machen. Medienscheue Piraten blieben in einer „Private Zone“.

So sieht ein Pirat in der „Private Zone“ aus. Ups. Bild: dpa
WOLFENBÜTTEL dapd | Für medienscheue Piraten ist auf einem Parteitag erstmals eine „Private Zone“ eingerichtet worden. Dafür stimmte am Samstag eine überwältigende Mehrheit auf dem Landesparteitag in Wolfenbüttel. Damit durften die 116 Mitglieder in der „Private Zone“ nicht gefilmt werden, die anderen rund 200 Mitglieder, die in einer sogenannten „Mixed-Zone“ saßen, schon. Der medienfreie Raum wurde in der Lindenhalle in Wolfenbüttel mit einem orange-farbenem Klebeband auf dem Parkett kenntlich gemacht.
Parteiintern erntete der niedersächsische Landesverband Kritik für diese Praxis. „Transparenz in politischen und parteiinternen Entscheidungen also nur, wenn die Presse diese nicht uneingeschränkt dokumentieren darf? Das geht nicht“, schreibt der Sprecher der Berliner Piratenpartei, Enno Lenze, in seinem Blog und ergänzt: „Niemand hat gesagt, dass Transparenz Spaß macht. Aber nun müssen wir da durch!“
//twitter.com/ennolenze/status/226669692360744960:Lenze twitterte am Samstag: „Presse muss uneingeschränkt über politische Meinungsbildung berichten können.“ Die ehemalige Politische Geschäftsführerin der Bundespartei, Marina Weisband, unterstützte Lenze und twitterte, dass sie nichts von einer „Private Zone“ für medienscheue Piraten hält.
Zuvor hatte sich bereits der Vorsitzende des DJV Niedersachsen, Frank Rieger, gefragt, was die Piraten zu verbergen haben. Er nannte das Verbot für Ton- und Bildaufnahmen „nicht akzeptabel“. Die Jungen Liberalen warfen der Partei wegen der zwiespältigen Haltung zur Transparenz eine „Kultur der Doppelzüngigkeit“ vor.
Der bisherige Spitzenkandidat der niedersächsischen Piraten, Meinhart Ramaswamy, bezeichnete den Wunsch nach einer medienfreien Zone für ein Drittel der anwesenden Mitglieder als „skurril, aber ehrlich“. Er sei eine „berechtigte Forderung“, dass die politischen Freibeuter selbst entscheiden, ob sie gefilmt werden oder nicht. Dass es parteiintern unterschiedliche Auffassungen dazu gebe, sei legitim. „Wir Niedersachsen waren immer schon besonders“, erklärte der 58-jährige Göttinger. Nach einem Formfehler beim Parteitag in Nienburg muss in Wolfenbüttel die Landesliste neu aufgestellt werden.
Leser*innenkommentare
Zafolo
Gast
Dazu sollte man wissen:
- dass fast alle Piraten ihren eigenen privaten Laptop mit zum Parteitag nehmen - um Details und Hintergrundinformationen zu Anträgen und Kandidaten mitzunehmen, aber auch um sich zb über Twitter auszutauschen. Den Austauch kann jedermann nachvollziehen, da Twitter öffentlich ist und die Parteitage ein eigenes Hashtag nutzen
- dass Piraten den Bildschirm ihrer privaten Rechner wie andere Leute auch zur Privatsphäre zählen
- dass viele Piraten Twitter mit Pseudonym benutze und darüber zT auch enge freundschaftliche Kontakte pflegen
Der Konflikt mit der Presse wurde an einem weiteren Thema akut: Es gab immer wieder Kamerateams, die neben Laptopdisplays auch Piraten beim Ausfüllen von Stimmzetteln filmten. Und das geht nun mal zu weit.
tagesschau
Gast
Piraten beschränken Berichterstattung vom Parteitag
Diese Partei zeigt deutlich ihre mangelnde Transparenz und Offenheit, die sie nicht müde wird, öffentlich ständig lautstark zu fordern. Das Verhalten gegenüber den Medien, die doch für die Nutzer aktiv sind, gleicht fast einer Zensur. Parteitage sind öffentlich und kein privates Treffen. Dazu passen die tobenden Machtkämpfe. Da soll wohl was verborgen werden. Den Freibeutern sei ein klärender Blick ins Grundgesetz empfohlen.