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Pionier über Gemeinschaftslandwirtschaft"Alternative zum Bio-Kommerz"

In der Gemeinschaftslandwirtschaft haben Kunden und Bauern eine enge Beziehung, sagt Kenneth Stange vom Gärtnerhof Entrup. Der Betrieb hat das seit Jahren erste Projekt dieser Art gegründet.

Die Biobranche kommerzialisiert sich. Stange und seine Mitstreiter wollen da nicht mitmachen. Bild: dpa

taz: Herr Stange, in der Gemeinschaftslandwirtschaft teilen sich Bauern und Kunden das Risiko von Ernteausfällen. Ihr Biohof hat das seit Jahren erste Projekt dieser Art in Deutschland gestartet. Wie funktioniert das?

Kenneth Stange: Die Kunden haben unterschrieben, uns jeden Monat einen Beitrag zu zahlen. Dafür bekommen sie einmal pro Woche so viel Gemüse, Brot, Eier, Käse und Fleisch, wie sie brauchen. Wenn es gut läuft, gibt es viel, wenn etwas schiefläuft, weniger.

Das klingt nicht so gut für die Kunden. Warum kaufen sie nicht lieber im Bioladen?

Weil sie bei uns totale Transparenz bekommen. Wir laden sie ein, sie kennen die Menschen, die ihre Lebensmittel produzieren. Im Biosupermarkt hat man ja meist keinen Bezug zu den Produzenten. Bei uns haben die Leute eine Sicherheit, die kein Bio-Siegel bieten kann.

Was zahlen sie dafür?

100 Euro pro Person und Monat. Von Juli bis Dezember bekommt der Kunde dafür mehr als im Biosupermarkt. Im Februar, März und April lässt die Ernte nach und es gibt weniger. Obst bieten wir überhaupt nicht an. Im ganzen Jahresverlauf aber haben die Verbraucher auch einen finanziellen Vorteil - vor allem, wenn man die hohe Qualität unserer Produkte berücksichtigt. Das Gemüse zum Beispiel ernten wir erst, einen Tag bevor die Mitglieder es abholen.

Sie sprechen auch von einem Bildungsauftrag. Was meinen Sie denn damit?

Die Leute sind Teil einer Gruppe, die sich bei Treffen auf dem Hof Fragen stellt wie: Was passiert da gerade im Biobereich? Unser Projekt ist auch eine Reaktion darauf, dass die Ökobranche sich immer weiter kommerzialisiert und teilweise sogar konventionalisiert. Jetzt können die Kunden helfen, tragfähige Alternativen in der Landwirtschaft zu entwickeln.

Was macht außer dem engen Kontakt zu den Kunden Ihre Alternative aus?

Das Gemeinschaftskonzept ermöglicht uns, die Vielfalt unserer Produktion zu erhalten. Wir haben 40 Gemüsesorten von A wie Aubergine bis Z wie Zucchini, eine eigene Bäckerei, Hühner, Schafe und Schweine. Und das machen wir relativ klimafreundlich: 80 Prozent der Arbeit im Gemüsebau erledigen wir statt mit Traktoren mit Pferden. Wir haben nur etwa 30 Hektar und wären ohne die Gemeinschaftsfinanzierung schneller dem Zwang zur Spezialisierung unterworfen.

Sie könnten doch auch direkt an den Verbraucher auf Wochenmärkten und in einem Hofladen verkaufen.

Damit machen wir zurzeit auch noch den größten Teil unseres Umsatzes und werden es so lange tun, bis der ganze Betrieb in eine Wirtschaftsgemeinschaft umgebaut ist. Aber dieses Geschäft ist immer schwankungsanfällig. Wenn es stürmt, wird so ein Markt auch schon mal abgesagt oder es kommen weniger Leute. Dann bleiben wir auf unserem Gemüse sitzen. Außerdem bedeuten Märkte für den Bauern sehr viel Aufwand. Wir müssen dort hinfahren, die Kisten auspacken und den ganzen Tag da stehen. Unsere Gemeinschaftsmitglieder dagegen holen sich die Ware auf dem Hof in Entrup oder von einem Depot in Münster ab. Da entfallen natürlich Arbeitsstunden, die wir für die Produktion einsetzen können.

Sie haben im Juli mit dem Projekt begonnen. Wie ist die Resonanz?

Hervorragend. Wir haben schon etwa 35 Teilnehmer. Derzeit können wir sogar niemanden mehr aufnehmen, weil wir nicht genügend produzieren. Nächstes Jahr werden wir die Wirtschaftsgemeinschaft erweitern.

INTERVIEW: JOST MAURIN

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1 Kommentar

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  • A
    Andreas

    Ich hoffe, dass die kommende Rezession, die bereits viel Zweifel und Kritik am neoliberalen Wirtschaften hervorgebracht hat, dazu beitragen wird, dass Unternehmungen wie diese enstehen koennen, bei denen Qualitaet, Umwelt, Gesundheit und Sicherheit im Vordergrund stehen und nicht der anspruchslose Profit. In der Tat interessiert es mich, ob Menschen wegen der Krise vermehrt anfangen so zu denken.

    Andreas