Philipp Rhensius hört auf denSound der Stadt:
Schönheit ist ein hässlicher Begriff – weil er kompliziert, bedeutungsoffen, unangenehm ist. Nach Hegel steht die Schönheit der Kunst über der Naturschönheit. Recht hat er. Das Gemachte ist, bei aller Liebe zur Erhabenheit eines wolkenverhangenen Himmels, oft interessanter und: schöner. Nicht, weil es uns in einen Zustand der widerstandsfreien Harmonie versetzt, sondern die Sinne provoziert und ständig neue Fragen stellt. So wie die Musik in dieser Woche: Ziúr etwa hämmert auf ihrem Album „U Feel Anything?“ auf die stets nur zu erahnenden „naturschönen“ Melodien so lange mit polyrhythmischen Beats, verfremdeten Stimmen und Bässen ein, bis die Hörer vor einem Trümmerhaufen stehen, der Zukunft heißt. Als Support für ihre Release-Party am Donnerstag in der Berghain-Säule hat sie die ebenfalls queer und futuristisch gepolte Londonerin Coucou Chloé eingeladen (Am Wriezener Bahnhof, 22 Uhr).
Der Zukunft zugeneigt, weil die Gegenwart im Verzerrungsspiegel sonifiziert, ist der Clubabend „Ismus“ in der Grießmühle am Freitag, bei der Djs wie der Dubstepper Pinch oder der Grime- wie Jungle-affine Mumdance breakbeat-geneigte TänzerInnen das seltene Glück anbieten, Körper und Geist in einer glückseligen Einheit zu erfahren (Sonnenallee 221, 22 Uhr).
Zweiheiten, Dreiheiten, ja Unendlichkeiten werden samstags im HKW ausgelotet, wenn die neuro-adaptiven Zukünfte des „machine learning“ in performativen Experimenten reflektiert werden. Bei der Noise-Performance „Noise Floor“ zeichnen die „Xenofeminism“-Autorin Katrina Burch aka Yoneda Lemma, Giuseppe Longo und Inigo Wilkins eine poetische Kartografie des Zufalls mit chaotischen Mustern und dem Feedback zwischen der Natur und den konkurrierenden technischen Strukturen der Technosphäre (John-Foster-Dulles-Allee 10, 19.45 Uhr).
Natur und Technik werden auch am Dienstag im Loophole verknüpft. Dort spielen neben Roman Catholics, bestehend aus Drummer Andi Stecher und Bariton-Gitarristin DuChamp, das Duo INRA, die in ihrem dialektischen Drone-Dub mit Just-Intonation-Gitarre, Poesie und radikalen Loops unsere hyperreale Welt vaporisieren, sowie das Soloprojekt Linda mit schamanistischer Worship-Musik (Boddinstr. 60, 20 Uhr).
Der Mittwoch im Madstop 84 ist einem der wohl einflussreichsten Kaputtmacher musikalischer Schönheit gewidmet. Bei „Roll over Stockhausen“ improvisieren Thomas Zunk, Lutz Wernicke, Steve Schofield und Zam Johnson mit elektronischen Instrumenten unter dem Namen Ghetto Raga (Potsdamer Str. 84, 21 Uhr).
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