piwik no script img

Archiv-Artikel

Pflüger bleibt in Berlin Eine Stimme für die Opposition

Zwar wird Friedbert Pflüger voraussichtlich der große Wahlverlierer werden. Aber das mindert nicht die Bedeutung dessen, was der CDU-Spitzenkandidat gestern verkündet hat. Der Verteidigungsstaatssekretär gibt seinen Posten zugunsten des Fraktionsvorsitzes ab: Pflüger bleibt in Berlin. Er wird die derzeit größte Oppositionspartei führen. Das ist die wichtige Neuigkeit. Nicht nur für die Union, sondern für die gesamte Berliner Politik.

KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE

Seit Jahren fehlt eine gewichtige Oppositionsstimme. Die Grünen mühen sich im Spagat, die SPD zu kritisieren und sich zugleich als Koalitionspartner anzudienen. Die allzu marktverliebte FDP verfehlt das Lebensgefühl der meisten Berliner. Und die CDU? Die hat sich fünf Jahre lang zerfleischt, als wolle sie nie wieder regieren. Pflüger könnte der Opposition endlich wieder eine Stimme geben. Ohne kluge Kritiker liefert früher oder später jede Regierung schlechte Arbeit ab. Eben diese Kontrolle ist dringend nötig. Erst recht, falls nach der Wahl Rot-Rot-Grün regiert. Wer sonst soll den Senat in Schach halten? Die FDP?

Fragt sich nur, was die CDU dann zu sagen hat. Pflüger gilt zwar als liberal, doch in der Partei haben Kalte Krieger das Sagen. Sie haben die Öffnung für großstädtische Lebensmodelle seit 2001 erfolgreich sabotiert und kluge Köpfe weggebissen. Pflüger muss das Kunststück vollbringen, die Bezirksfürsten zugleich einzudämmen und einzubinden. Nur: Hat der aus Hannover Zugezogene die Kraft dazu? Der Fraktionsvorsitz allein ersetzt keine Hausmacht. Das erfährt derzeit der Nochfraktionschef Nicolas Zimmer: Er muss weichen, der unfähige, aber machtbewusste Landeschef Ingo Schmitt bleibt.

Scheitert Pflüger mit seinem Reformbemühen, wäre nicht nur seine Politkarriere am Ende. Berlin würde über Jahre eine funktionierende Opposition fehlen.