: Peymann aus dem Wienerwald
■ Direktor des Burgtheaters lehnt nochmalige Entschuldigung für Zeit -Interview ab / Ensemblesprecher kündigt weitere Konfrontation mit der Direktion an
Peymann aus dem Wienerwald
Direktor des Burgtheaters lehnt nochmalige Entschuldigung
für 'Zeit'-Interview ab / Ensemblesprecher kündigt weitere Konfrontation mit der Direktion an
Aus Wien Oliver Lehmann
Montag vormittag gab der Direktor des Burgtheaters, Claus Peymann, seine langerwartete Erklärung zur Diskussion um seine Person ab. Er weigerte sich, wie es vom Großteil des Ensembles ultimativ gefordert worden war, sich nochmals für sein Interview in der 'Zeit‘ zu entschuldigen, da er mehrfach und öffentlich erklärt habe, „daß ich mit meinen Äußerungen niemanden persönlich habe verletzen wollen und mir eventuelle persönliche Verletzungen unendlich leid täten.“ Am Ende der Erklärung, die von Peymann sehr emotional und nervös verlesen wurde, nahm er zum Niveau der Diskussion um seine Person Stellung: „Der gigantische, sich in Haß und Verhöhnung hineinsteigernde Streit um ein temperamentvolles Interview ist nur ein fauler Vorwand. Gemeint ist die Zerstörung einer außerordentlichen Theateridee. Ich bin nicht bereit, diese Idee dem Mißtrauen und der Verhöhnung rückwärts gewandter Gruppen auszusetzen.“ Nach der Erklärung kündete Peymanns Gegenspieler im Ensemble, Franz Morak, eine Konfrontation des Ensembles mit der Direktion an, was bis zum Streik führen könne. Claus Peymann rechnet offenbar nicht damit; er möchte nächsten Montag den neuen Spielplan vorstellen.
Die Diskussion um seine Person hat sich in der Öffentlichkeit schon längst verselbständigt. Fast könnte man meinen, die Wiener seien ihm dankbar, einen Anlaß geliefert zu haben, chauvinistische Ressentiments zu pflegen. Stein des Anstoßes ist nicht Peymanns Theateridee - die wenigsten der jetzt lautstark Aufheulenden geht ins Burgtheater sondern die Tatsache, daß er Deutscher ist. Als das TV -Publikum anläßlich einer Diskussion zum Thema anrufen konnte, kritisierte ca. die Hälfte der 1.000 Anrufe den „Piefke“ Peymann, der zurück nach Deutschland soll.
Von allen Beteiligten hängt es jetzt ab, ob Wien seinem selbstverpaßten Image von Weltstadt gerecht wird oder weiter in der Dumpfheit der Waldheimat verharrt. Auf dem Spielplan stand Montag Ödön Horvaths Stück „Geschichten aus dem Wienerwald“. Ein Drama, das im Wiener Spießbürgermilieu der zwanziger Jahre spielt; in einer Gesellschaft, die „hinterfotzig“ stolz auf ihr Nichtwissen und ihre Ignoranz ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen