Peter Unfried: Tor für Deutschland
■ Warum ich wissen muß, wie Crewe, Preston, Hull, Paul und Karren spielten
Wie lange ich schon schaue, wie Fulham gespielt hat? Schwer zu sagen. Wahrscheinlich doch erst, seit Kevin Keegan dort von al- Fayed als Trainer angestellt wurde. Eigentlich schaue ich ja schon viel länger, mindestens zwanzig Jahre. Jeden Montag hole ich mir als erstes den Observer. Gestern natürlich auch. Kostet 7.50 Mark. Ist es aber wert. Dann gehe ich schnell nach Hause, und dann schaue ich nach den Ergebnissen – nach allen Ergebnissen.
Wozu? Ist doch wohl klar. Wenn man liest, daß eins der Tore bei Fulhams 4:0 gegen Burnley Paul Peschisolido (73.) geschossen hat, freut das einen natürlich. Peschisolido wurde ja als Ehemann von Karren Brady bekannt. Und Brady ist ja bei Birmingham City die erste Managerin im englischen Ligafußball. Seither schaue ich natürlich auch immer, wie die gespielt haben. 7:1 in Oxford? Lieber habe ich es, wenn sie keine Tore schießen, wie zuletzt beim 0:1 in Ipswich. Tja, kein Wunder, denke ich dann. Hätte mal Brady ihren Mann nicht verkauft!
Aber da ist die hart. Als ein Profi mal eine zotige Bemerkung über seine Sicht ihrer Brüste machte, sagte Brady, sie würde ihn an Crewe Alexandra verkaufen. Von dort aus könne er sie nicht mehr sehen. Das stimmt. Ich stand mal zufällig vor dem Stadion Cresty Road. Alles, was ich sah, war, wie Alex-Trainer Dario Gradi aus dem Auto stieg. Seitdem zittere ich und derzeit besonders, denn Crewe bleibt trotz des 1:0 bei QPR letzter der Division one.
Hach, Kummer hat man immer, wenn man sich emotional so tief in etwas verstrickt. Daß Fulham 4:0 gewinnt, ist gut, aber daß dadurch Burnley 0:4 verliert, tut weh. Beim FC Burnley mußte man viele Jahre den Blick bis tief in die damalige 4. Division senken – und selbst da scheiße Ergebnisse hinnehmen und trotzdem immer so was wie „7.802 Zuschauer“ in Turf Moor lesen. Die Zuschauerzahl lese ich auch immer auf dieser Statistikseite, die Torschützen, die Tabellen, die Aufstellungen, und wer Ersatz war.
Leider steht da nicht, wer von den Ersatzleuten eingewechselt wurde. Wenn beim FC Blackpool Nowland, Bent und Jarrett zur Auswahl stehen, will man doch wissen, wer wann reinkam. Deshalb kaufe ich auch noch den Guardian. Da steht nämlich: Sub not used: Jarrett. Natürlich habe ich die Spieler nie gesehen, ist ja auch egal. Blackpool interessiert einfach. Weil es in der Nähe von Burnley und Blackburn liegt, auch mit B anfängt, und weil Stan Matthews da gespielt hat.
Was eigentlich nie interessierte, war Preston. Bis zu jenem Tag, als ich mich tatsächlich in Deepdale einfand. Es muß der 2. Oktober 1988 gewesen sein. Dritte Division. 5.025 Zuschauer. Am Tag davor hatte ich in der Guild Hall zum ersten Mal die Pixies gesehen. Here comes your man. Und danach nie wieder einen Gedanken an die Band verschwendet. Am langen Pfosten in Deepdale aber stand ein Mann namens Gary Swan und köpfte in vorletzter Minute ein. Seit diesem 1:1 gegen Brentford schaue ich jeden Montag, wie es Preston North End geht.
Aktuelle Tabellenposition meiner Lieblingsteams:
Premier League: Aston Villa (1.), Manchester United (2.), Chelsea (3.), Middlesbro (4.), Blackburn (18.)
Division one: Birmingham City (4.), Huddersfield (8.), W.B.A. (10.) , Wolves (12.), Crewe (24.)
Division two: Fulham (2.), Preston (4.), Blackpool (13.), Burnley (18). Macclesfield (21.), Oldham (22.)
Division three: Leyton Orient (6.), Hull (24.)
Auch bei anderen weiß man genau, warum man mitfiebert. Bei Tottenham natürlich, weil Klinsmann da gespielt hat, bei Blackburn, weil es mit B anfängt, bei Aston Villa (Villa Park), weil mir der Name immer gut gefiel. Bei den Wolverhampton Wanderers, weil das Stadion Molineux heißt und da Steve Bull spielt. Da bin ich immer besorgt, ob er auch sein Tor geschossen hat. Bei Hull, wegen der Housemartins (“London 0, Hull 4“), bei Huddersfield... wahrscheinlich, weil es im Norden liegt. Keine Ahnung, warum ich gespannt nach den Ergebnissen von West Bromwich Albion und den Oldham Athletics (wg. Stadionname „Boundary Park“?) schaue.
Dann gibt es noch Teams, da schaut man, obwohl man sie nicht besonders liebt. Das sind, nur zum Beispiel: Arsenal (nicht erst seit Nick Hornby), Nottingham Forest (seit Brian Clough), Bolton Wanderers (wegen „Wanderers“) Stoke (wg. Matthews) und, keine Ahnung warum: Everton, Sunderland, Sheffield United, Barnsley, Crystal Palace, Tranmere, Luton, Lincoln oder Cambridge.
Nach Macclesfield schaue ich jedenfalls, weil Davy mal dem Sänger der von dort kommenden Punkband MacLads die Frau ausgespannt hat – oder andersherum. Das ist jetzt schon so lange her, daß ich es nicht mehr zusammenkriege. Jedenfalls war das, als sie noch in der Vauxhall Conference spielten. So hieß früher die Liga unter den vier Profiligen. Heute heißt sie nur noch The Conference, und ich schaue immer noch, wer da wie gespielt hat und wie viele Kettering zusahen (1.817). Das Schicksal von Fleetwood Town hat mich seit ihrem Titelgewinn in der Northern Premier League, First Division (1988), interessiert (vermutlich wg. Fleetwood Mac), und brennend gern würde ich wissen, wieviel Zuschauer in Penrhyncoch und Caersws waren, aber von der Spar Mid Wales League sind leider bloß die Ergebnisse aufgeführt.
Meine absolute Lieblingsmannschaft ist aber natürlich Manchester City. Danach kommt lange nichts.
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