Peter Grohmann : Ordinäres Grinsen
Haste was, biste was. Haste nüscht mehr, biste nüscht mehr. Meine Omi Glimbzsch aus Zittau schlug resignierend die Hände überm Koppe zusammen, als der Russe 1945 mit dem typisch ordinären Grinsen und Omas Koffernähmaschine (Pfaff) das Weite suchte. Er wird so gegrinst haben wie neulich Peer bei der Offenlegung seiner Nebeneinkünfte im SPD-Ortsverein Bochum-Ehrenfeld. Dort, wo das Herz links schlägt und die Stadtwerke noch in Volkes Hand sind, wird man sich beim nächsten Atriumtalk gern an Steinbrück erinnern – und die 25.000 Euro, die der Kandidat einsackte, bevor er wie einst der Russe das Weite suchte. Bochum stand lange unter Zwangsverwaltung, für den neuen Haushalt braucht die Stadt im Pott 60 Millionen Euro. In einem Bürgerdialog – von Stuttgart abgeguckt! – wurden die Sparvorschläge mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert. Doch die Netto-Neuverschuldung beträgt trotz Diskussion 21 Millionen Euro. Da sieht dann so ein Honorar von Genosse zu Genosse eher lumpig aus. Keine Ahnung, ob's beim nächsten Atriumtalk der Bochumer Stadtwerke noch mal Honorar gibt – ich würd jedenfalls für 500 Euro einen Abend lang wettern (incl. Bahnfahrt, Hotel & Spesen) und die Kröten der Kontext stiften. Kann ich mir leisten – im Gegensatz zum Peer, dem Mann mit dem weißen Geizkragen.
Es ist bekannt und muss hier nicht wiederholt werden, dass Steinbrück 1,25 Millionen Euro für Vorträge kassiert hat, plus wohlverdiente Buchhonorare von einer halben Million. Als Abgeordneter kriegt er 7.900 Euro auf die Kralle, bissel was an Kleingeld (4.900) für Sonstiges und eine Bahncard 100 für umme. Damit kommt der Gute kaum über die Runden, geschweige denn über die Grenzen: Die Bahncard gilt nur in Deutschland.
Das alles ist ehrlich gesagt Sozialneid pur und eklig und lässt den christlichen Teil der Menschen (CDU und so) außen vor. Kann ich mir auch leisten. Erstens hat Kontext nur kluge Leser (sogenannte Mitdenker), zweitens bin ich ja im Grunde meines Herzen ebenfalls ein Linker. Steinbrück muss man zugute halten, dass er bei der gemeinnützigen Zeit-Stiftung für magere 2.500 aufgetreten ist – die haben also rund 12.500 Euro Honorar gespart.
Als Hochrechner bewerbe ich mich jetzt um den „Wirtschaftspreis Altmarkt“. Das ist die Ecke Stendal/Salzwedel/Sibirien mit Arbeitslosenquoten von knapp 104 Prozent, aber sonst gesund. Der Preis ist mit 6.000 Euro dotiert, dazu gibt's noch einen Zusatzpreis für Existenzgründer, noch mal 3.000, 9.000 Euro also. Eine Menge Holz für die Ecke dort oben. Vielleicht hält Steinbrück die Laudatio? Ehrlich, der kennt kein Erbarmen. Das letzte Mal hat er ja auch beim Wirtschaftspreis Altmarkt die Sau rausgelassen. Honorar 15.000.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die Anstifter.