: Peru: 300.000 sind bereits gefeuert
■ „Fuji-Schock“ senkt Industrieproduktion um 80 Prozent / 9.581 Prozent Inflation
Lima (afp) - Der „Fuji-Schock“ - so nennen die Peruaner die wirtschaftliche Roßkur, die ihnen der neue Präsident Alberto Fujimori verordnet hat - zeitigt Folgen auf dem Arbeitsmarkt: Etwa 300.000 ArbeiterInnen mußten nach Angaben einer Unternehmenssprecherin entlassen werden, weil sich 40 Prozent der Kleinbetriebe wegen der „gefährlichen Rezession“ gezwungen sahen, dichtzumachen oder ihre Beschäftigten in den Urlaub zu schicken. Elena Maria Delgado, Vizepräsidentin des Komitees der Kleinindustriellen, führte am Samstag aus, daß die Industrieproduktion des Landes mittlerweile um 80 Prozent zurückgegangen sei. Es sei offensichtlich, daß ein monatlicher Grundlohn von 16 Millionen Intis, etwa 50 Dollar, vollkommen unzureichend sei, um über die Runden zu kommen, fügte die Sprecherin hinzu.
Nach Angaben des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts „Cuanto“ hat die Geldentwertung in Peru in den letzten zwölf Monaten bis zum 10. August um 9.581 Prozent zugenommen. Alleine am ersten Tag des am 9. August in Kraft getretenen Schockprogramms des Präsidenten seien die Preise um 136,5 Prozent gestiegen.
Die Preisexplosion hat zu einer Revolte geführt. Aufgebrachte Peruaner gingen auf die Straße und forderten den Sturz der Regierung, die sie erst vor kurzem an die Macht gebracht hatten. Die Gewerkschaften riefen zum Generalstreik auf. Die über 400.000 Beschäftigten der staatlichen Betriebe, deren Löhne und Gehälter eingefroren und deren kollektive Arbeitsverträge aufgekündigt werden sollen, wollen vor Gericht gegen ein Regierungsdekret vorgehen, das ihre Rechte beschneidet. Und die Erdölarbeiter haben angekündigt, daß sie in den Ausstand treten werden.
Das Gespenst der Arbeitslosigkeit schwebt auch über den 1.000 Beschäftigten der staatlichen Fluglinie Aereo-Peru und ihren 2.500 KollegInnen, die im Stahlkonzern „Sider-Peru“ arbeiten. Fujimoris Sanierungskonzept beinhaltet die Erhöhung des Benzinpreises um das 30fache und der Grundnahrungsmittel um 1.000 Prozent. Nach Meinung der Opposition werden durch diese und andere Maßnahmen wie die Aufhebung der Preiskontrollen für bestimmte Erzeugnisse die mittellosen Peruaner, die drei Viertel der 22 Millionen Einwohner ausmachen, noch weiter in die Armut getrieben.
Fujimori forderte seine Landsleute unterdessen auf, „Verständnis, Opferbereitschaft und Patriotismus“ zu zeigen. Das Austeritätsprogramm sei der einzige Weg, um aus „dem schwarzen Tunnel der Inflation, Arbeitslosigkeit und Korruption“ herauszukommen. Viele derjenigen, die jetzt am lautesten protestierten, seien direkt für die derzeitige Krise verantwortlich, so der Präsident in einer am Wochenende über Funk und Fernsehen ausgestrahlten Ansprache an die Nation.
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