Personenführung #62: Andreas Bull: Ein Kümmerer – kein Aufpasser

Ihn umweht die Aura eines ziemlich fitten, drahtigen Türstehers – taz-Geschäftsführer Andreas Bull wird 60.

Bild: Wolfgang Borrs

Ursprünglich war er mal als Aufpasser für den Ur-Geschäftsführer zum zweiten Geschäftsführer gemacht worden. Die Absicht war: Dieser Mann kann Karate, er fährt gern Auto und ganz besonders gern Motorrad.

Außerdem umweht ihn die Aura eines ziemlich fitten und drahtigen Türstehers. Andreas Bull soll die Interessen des alternativen Kollektivs zur Geltung bringen. Wann das genau war, so in den späten Achtzigern, ist archivalisch schwer zu belegen – gleichwohl sind Geschäftsführer Kalle Ruch und sein engster Kollege Bull in der taz zu Freunden geworden. Im Geiste, also im Sinne der ewigen Vitalität der taz.

Angehöriger einer maoinspirierten Gruppe

Er hat, zur Welt gekommen im Nordhessischen, ein bewegtes Leben hinter sich. Und er kann, gleichwohl Kind eines Juristenvaters, das Wort „Proletariat” nicht nur unfallfrei buchstabieren, vielmehr wollte er zu diesem gehören. Als Angehöriger einer maoinspirierten Gruppe wollte er missionarisch in der Arbeiterklasse wirken, arbeitete entsprechend als Trucker. Und wurde doch, Klassenwurzeln verpflichten – ein sozialpädogischer Mensch, wie es sie damals, vor Jahrzehnten zu Zeiten der taz-Gründung, so viele gab.

Ein Kümmerer ohne Dünkel, ein Ansprechbarer, ohne daraus ein Managementkonzept erfüllen zu müssen im Sinne von: Immer ein Herz für die MitarbeiterInnen!

Der spätere Geschäftsführer als junger Mann Bild: Sabine Sauer

Manche sagen, pedantisch

Dieser Kollege hat es nämlich gern ernsthaft. Fragen um Arbeitsverträge, um Arbeitsrechtliche – für die ist er als Geschäftsführer zuständig – erörtert er mit den Mitarbeitenden im Zweiergespräch gern sehr ausführlich, manche würden sagen, pedantisch. Daraus können längere Sitzungen werden – auf welche Weise auch immer bereichernd. Denn er ist immer ein Mann der Basis geblieben. Hat, dann doch in der alternativen Szene nach dem Ausflug in die Politsekte, zur taz gefunden, arbeitete im Korrektorat der taz (das mal eine Art Edel-Basis der taz war) und galt als Idealfigur, um auf Kalle Ruch aufzupassen.

Die berühmte „Bull-Analyse”

Nun: Berühmt ist er wegen seiner Analysen der Abokurven („Bull-Analyse”) und seiner geschmeidigen Briefe an die LeserInnen, Preiserhöhungen betreffend.

Im März 2015 feiert er seinen 60. Geburtstag – kollegial möge man ihm Kränze flechten. Und familiär, patchworkmäßig mit einigen Kindern, ihn gebührend feiern. Opa ist er inzwischen auch: Herzlichen Glückwunsch also ihm, der den Spirit alter taz-Tage, bei aller zeitgenössischen Professionalität, sehr lebendig noch verkörpert.

JAN FEDDERSEN