Personenführung #42: Helmut Höge: Der Mann im Anzug

Wer sich nach 17 Uhr im vierten Stock der taz aufhält, riecht es schon. Helmut Höge raucht seine erste Zigarette vor dem Rechner.

Bild: Nicola Schwarzmaier

Helmut Höge, stets korrekt mit Anzug, Hemd und Lederschuhen gekleidet, aber selbstverständlich ohne Krawatte, wurde 1947 in Bremen geboren. Er arbeitete auf Bauernhöfen in Deutschland und Italien, lebte in Kommunen und besetzten Häusern und war an der Herausgabe von Undergroundzeitschriften wie Hundert Blumen oder Die soziale Revolution ist keine Parteisache beteiligt. Später schrieb er für den Pflasterstrand und seit 1980 für die taz. Vor Kurzem wurde bekannt, dass Helmut Höge, wie schon einigen tazlern vor ihm, der renommierte Ben Witter Preis verliehen werden wird, der mit 15.000 Euro dotiert ist.

Helmut Höge kann durch präzises Assoziieren zwar schnell mal eine Zeitungsseite füllen, unterhält aber zu seinen Texten eine für Journalisten untypische, weil unneurotische Beziehung, weshalb man sie als Redakteur kürzen darf, auch wenn man seine Texte gern weiterwuchern sähe, bis die ganze Zeitung voll ist.

Das ist die Haltung, die diesen hochgewachsenen, schlanken Mann mit den weißen Haaren charakterisiert: Nie geht es um Status, sondern immer um das, was erzählt werden muss. Was sich wiederum meist nicht trennen lässt von den Kämpfen an der Seite von denen, die sonst wenig gelten. Also Huren, Bauern, Proletarier in ostdeutschen Großbetrieben, Leute, die Stimmen hören, Menschen aus dem Ostblock und nicht zuletzt Tiere.

Hält man an seinem Schreibtisch an, über dem sich der Rauch kringelt, dann beginnt eine Geschichte.

Ulrich Gutmair