: Personelles Wunder
Lehrer-Arbeitszeitkommission legt Modell vor. Behörde schwärmt von hundertprozentiger Versorgung. Gewerkschaften nennen es unrealistisch
von KAIJA KUTTER
Frohe Kunde für Bildungssenator Rudolf Lange (FDP). Am Mittwoch legte die Lehrerarbeitszeitkommission ihr Modell vor. „Zum ersten Mal passen die Arbeitsstunden, die sich aus 13.700 Lehrerstellen (bis 2005 auf 13.900 ansteigend) ergeben, mit dem in den Schulen zu leistenden Unterricht zusammen“, verheißt eine Pressemitteilung. Für die Schulen sei somit eine 100-Prozent-Versorgung mit „Grundstunden“ gewährleistet.
Der ehemalige Schulaufsichtsleiter Reiner Schmitz und sein Team von 20 Schulräten und Schulleitern sollte ein Modell finden, dass die reale Arbeitzeit der Lehrer abbildet. Dafür wurde neben den reinen Unterrichtsstunden auch ein faktorisierter Aufwand für Korrekturen, Vorbereitung, Klassenlehrertätigkeit und soziales Engagement berücksichtigt. „Es ging nicht darum, ein Sparvolumen auszumachen, sondern um mehr Transparenz“, versichert Behördensprecher Hendrik Lange. Multipliziere man den errecheneten Aufwand mit den 13.700 Stellen und der neuen 40-Stunden-Woche für Beamte, ergebe dies besagte Vollversorgung. Für Förder- und Teilungsstunden gebe es ein „Sonderbudget“, das die Schulen einplanen können.
Der Bericht ist eine erste Kurzfassung und soll nun den Kammern zugeleitet werden. Die ausführliche Endfassung wird am 15. Februar übergeben, als Einführungstermin wird der 1. August gehandelt.
GEW-Chefin Stefanie Odenwald hatte das Papier gestern noch nicht vorliegen, kannte aber dessen Grundzüge. Ihr Fazit: „Das ist ein Mehrarbeitsmodell, das dazu dient, Stellen zu erwirtschaften.“ So würden bis 2005 für steigende Schülerzahlen und Reformen wie die 3. Sportstunde eigentlich 1000 Stellen zusätzlich benötigt. „Das ist das große Wunder der Personalpolitik“, witzelt auch Arno Becker vom Deutschen Lehrerverband (DL). Er könne sich die Vollversorgung nur mit knappen Faktoren und Bedarfsabsenkungen erklären.
Laut Odenwald wird der Korrekturaufwand für das Fach Deutsch an Gymnasien am höchsten gewertet, am geringsten dagegen der Aufwand für Sport und Musik. Außerdem werde nach Schulformen unterschieden. So soll eine Deutschlehrerin an einer Gesamtschule weniger Zeit benötigen als besagte Gymnasiallehrerin. Odenwald: „Das diskriminiert die Lehrer anderer Schulformen. Für uns eine unschluckbare Kröte.“
In der Schulbehörde geht man davon aus, dass der DL das Modell unterstützt. Hatte er doch im Herbst selbst ein „Lebensarbeitszeitkonto“ vorgeschlagen, das Mehrarbeit mit früherer Pensionierung belohnt. Doch Voraussetzung dafür, sagt Becker, sei ein „realistisches Modell“.