Patientenverfügung droht zu scheitern: Fehlende Mehrheiten
Eigentlich sollte der Bundestag diese Woche über die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen abstimmen. Jetzt wurde die Abstimmung von der Tagesordung gestrichen.
BERLIN dpa | Eine gesetzliche Regelung für Patientenverfügungen droht nach jahrelangen Bemühungen zu scheitern. Auf Wunsch der SPD wurde nach Darstellung der Union die abschließende Beratung über diese juristisch und ethisch schwierige Frage an diesem Donnerstag von der Tagesordnung des Bundestags genommen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen (CDU), sagte, es sei ungewiss, ob die Schlussberatungen nun überhaupt noch in dieser Legislaturperiode stattfinden würden.
Hintergrund ist nach Röttgens Darstellung Uneinigkeit zwischen den verschiedenen Gruppen von Parlamentariern, die Anträge oder konkrete Gesetzesvorschläge vorgelegt haben. Mit Patientenverfügungen kann festgelegt werden, wie eine ärztliche Behandlung ablaufen soll, wenn der Patient zum Beispiel im Koma liegt und sich nicht äußern kann.
Neben den drei dem Bundestag bereits vorliegenden Vorschlägen zu einer gesetzlichen Regelung hatte eine Gruppe um den CDU-Abgeordneten Hubert Hüppe einen Antrag eingebracht, der dafür plädiert, auf eine gesetzliche Regelung zu verzichten. Spätestens seit der Einbringung dieses Antrags sprachen zahlreiche Abgeordnete in den vergangenen Tagen davon, dass damit keine der vier Positionen die erforderliche Mehrheit im Bundestag bekommen dürfte. In dem Antrag von Hüppe, der unter anderem von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) unterstützt wird, heißt es: "Der Wunsch, für den möglichen Fall der eigenen Einwilligungsunfähigkeit bestmögliche Vorsorge für medizinische Behandlungsentscheidungen zu treffen, ist verständlich."
Zugleich wird aber ausgeführt: "Die grundsätzliche Problematik einer gesetzlichen Patientenverfügung ist, dass nicht jede denkbare und möglicherweise erst Jahre später eintretende Situation vorhersehbar und hinreichend konkret vorab entscheidbar ist." Art und Schwere einer möglichen Erkrankung, die therapeutischen Aussichten, aber auch der künftige medizinische Fortschritt seien kaum vorhersehbar. Daher sei eine Regelung der Patientenverfügung "weder notwendig noch überzeugend".
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