■ Patent: Im Donau-Ries kämpfen über 70 Frauen um ihr Freibad: K wie Kiosk
Tagmersheim (taz) – Da soll noch mal jemand abfällig über die bayerische Provinz reden. Von wegen Frauen und drei Ks. Obwohl – mit K hat das ja schon etwas zu tun, was sich da über 70 Damen aus der 900-Seelen-Gemeinde Tagmersheim im Donau-Ries ausgedacht haben. K wie Kiosk heißt das Zauberwort. Aber der Reihe nach.
Angefangen hat es im Mai dieses Jahres. Da verkündete die entschlossene CSU-Bürgermeisterin Zenta Büttner, daß wegen des hohen Defizits von rund 70.000 Mark im Jahr das Freibad von Tagmersheim geschlossen werden müsse. Dabei hat das kleine Bad alles, was ein Freibad so braucht, und was in einem kleinen Dorf eher ungewöhnlich ist: Solarheizung, Sprungtürme, Kinderbecken und eine herrliche Liegewiese. „Wir Frauen sind dann kurzerhand in die Gemeinderatssitzung marschiert, in der das Aus beschlossen werden sollte“, berichtet Jutta Bauer. Denn vor allem der Kinder wegen dürfe doch ein so schönes Bad nicht einfach geschlossen werden. Das machten die entschlossenen Frauen in der Sitzung recht deutlich, und so manchem Gemeinderat war nicht ganz wohl bei dieser massiven Frauenpräsenz im Rathaus. Die Damen bekamen jedenfalls Rederecht vor dem erlauchten Männerkreis und verkündeten ihren Entschluß: „Wir haben uns zusammengetan und beschlossen, das Defizit zu verringern! Wir Frauen betreiben den Kiosk zugunsten der Gemeinde. Wir backen Kuchen und belegen Brötchen, wir übernehmen den Verkauf, kurzum, wir tun was zum Erhalt des Bades.“
Die dörflichen Ratsherren waren baff – und einverstanden. Auch die Bürgermeisterin konnte da nicht nein sagen. Dann kam der Dauerregen, und fast sah es so aus, als würde es schlicht und einfach im Bad nichts zu verkaufen geben, weil einfach niemand kam. Aber irgendwann klappte es doch noch mit dem Sommer, und jetzt geht es rund im Dorf. Bei den Badebesuchern ist die Zustimmung groß. Und rundum die Verwunderung darüber, daß nach wie vor über 70 Frauen aktiv mit dabei sind. „Wer nicht im Kiosk oder beim Kuchenbacken helfen kann, hilft einfach dadurch, daß er öfter kommt und ißt und trinkt, und dann verdienen wir eben auf diese Weise was“, meint Johanna Weigl, die die Zustimmung ihrer Mitstreiterinnen erntet, als sie verkündet: „Wenn's sein muß, machen wir das auch nächstes Jahr!“ Bademeister Thomas Kätzelmeier sieht plötzlich wieder Chancen, seinen Job in dem recht modernen Bad zu behalten und erinnert noch einmal an die Errungenschaften des Dorffreibades, in das die Leute von weit her kommen: „Wir haben eine Solarheizung und im Moment mindestens 26 Grad in den Becken!“
Einen kleinen Wermutstropfen haben die Gemeinderäte und die Bürgermeisterin freilich schon über Tagmersheim vergossen: Sie haben neue, angeblich kostensparende Öffnungszeiten beschlossen. Nicht mehr ab 10 Uhr morgens, sondern erst ab 13 Uhr ist das Bad geöffnet. Vor allem jetzt während der Ferienzeit in Bayern stößt diese Entscheidung auf Unverständnis.
Ein wenig Bewegung scheint nun aber auch in die Öffnungszeitendiskussion zu kommen. Zumindest ließ der Urlaubsvertreter von Zenta Büttner anklingen, daß man mit der Frau Bürgermeister, die gerade im Urlaub weilt, noch mal reden werde. Vielleicht sei ja dann doch, zumindest während der Urlaubszeit, eine frühere Öffnung drin. Vor allem im Hinblick darauf, daß die Frauen im Dorf sich so engagieren. Klaus Wittmann
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