piwik no script img

Passauer Kabarettgründer nach Attentat"Die Rechten haben Nester gebaut"

Der Passauer Kabarettgründer Walter Landshuter spricht nach dem Attentat auf den Polizeichef über die Rechten in der Region und die Angst vor dem braunen Geruch.

Wunderschön, aber mit braunen Flecken: Panoramablick auf Passau. Bild: dpa
Interview von Georg Löwisch

Bild: dpa
Im Interview: 

WALTER LANDSHUTER, 63, ist Mitbegründer und Geschäftsführer des Passauer Scharfrichterhauses. Das Kabarett, Kleinkunsttheater und Café wurde in den Siebzigerjahren gegründet, um den in der Stadt dominierenden Konservativen etwas entgegenzusetzen - mit dabei waren die Kabarettisten Bruno Jonas und Siegfried Zimmerschied. Das Haus heißt so, weil dort früher einmal der Scharfrichter der Stadt gewohnt haben soll.

taz: Herr Landshuter, ist Passau ein finsterer Ort?

Walter Landshuter: Nein, keineswegs. Passau ist wunderschön, ich lebe gerne hier, seit meiner Kindheit. Mit den Menschen hier muss man sich vielleicht ein wenig engagieren, weil der niederbayerische Schlag ein bisschen verhalten ist.

Warum ist die rechte Szene in Ihrer Region so selbstbewusst?

In Passau ist sie so selbstbewusst wie in anderen deutschen Städten auch. Bei uns gibt es seit vielen Jahren eine sehr lebendige Szene gegen rechts. Dazu gehören die Kabarettisten aus dem Scharfrichterhaus, das wir vor dreißig Jahren gegen die Dreieinigkeit einer Sechzig-Prozent-CSU, der katholischen Kirche und der schwarzen Monopolpresse gegründet haben. Zu unseren Aufgaben im Scharfrichterhaus gehörte es schnell auch, Werbung für Aktionen gegen rechts zu machen.

In der Passauer Nibelungenhalle berauschten sich DVU und NPD jahrelang auf Parteikundgebungen.

Passau hat die Nibelungenhalle vor vier Jahren abreißen lassen, damit DVU und NPD keinen Versammlungsort mehr haben. Das war jedenfalls mit ein Grund. Ich will die Politiker, gerade die konservativen nicht allzu sehr loben. Aber sie sind allesamt sehr aktiv gegen rechts.

Also alles wunderbar?

Nein. Was Passau ausmacht, ist, dass sich auf dem Land draußen, im Rottal und ein bisschen im Bayerischen Wald, die Rechten festgesetzt haben, die aus der Stadt vertrieben worden sind.

Weil es in der Stadt ungemütlich für sie geworden ist?

Man sieht es zum Beispiel an dem Polizeichef Mannichl, den die Rechten zum Feindbild erkoren haben. Das war vor zehn, fünfzehn Jahren anders. Da haben wir auf die Polizei geschimpft, dass sie immer die Rechten schützt. Aber es hat sich auch in Passau was geändert. Die Polizei ist massiv gegen die rechte Szene vorgegangen. Und ich vermute, dass sich die Rechten auf dem Land Nester gebaut haben und von da aus aktiv werden.

Wie reagieren die Passauer Bürger auf das Attentat gegen den Polizeichef Mannichl?

Was ich so mitkriege, sind alle ziemlich entsetzt. Aber ich sage dann: Leute, ihr habts doch schon immer gesehen, wenn vor der Nibelungenhalle die DVU und die NPD aufmarschiert ist. Die sind doch nicht alle aus Berlin und Hamburg angereist, die waren auch aus unserer Gegend. Das ist ziemlich zugedeckt worden. Vor kurzem gab es ja eine Beerdigung in der Nähe von Passau, wo man gesehen hat, wie lebendig die Szene ist. Da darf man sich keiner Illusion hingeben. Jetzt wachen sehr viele Passauer auf und sagen: "Aha."

Was raten Sie Ihren Mitbürgern nun?

Scheinbar gibt es eine Neigung, sich selber einzuschläfern. "Das ist alles in der DDR, das ist andernorts, wir haben so viel getan", sagen die Leut. Wir sollten das auf unserer Bühne im Scharfrichterhaus verarbeiten, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied und Gerhard Polt. Immerhin haben wir einen Oberbürgermeister, der hellwach ist. Den braucht man nicht aufzuwecken. Aber viele Politiker hängen gern den Mantel über das Problem - aus Angst, dass Passau einen braunen Geruch bekommen könnte.

INTERVIEW: GEORG LÖWISCH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!