piwik no script img

Parteiwechslerin Heike DedererDie Ex-Grüne, die für Koch lächelt

Einst grüne Abgeordnete im Stuttgarter Landtag, tritt Heike Dederer nun als Kochs neue Pressesprecherin auf. Sie löst Esther Petry ab, die sich in den SPD-Rechten Jürgen Walter verguckt hat.

Politisch flexibel: Heike Dederer. Bild: dpa

Heike Dederer kennt sich mit Problemen aus, die entstehen, wenn sich Partei und Liebe in die Quere kommen. Als sie längst in der CDU war, saß ihr Mann noch für die Grünen im Stadtrat. Die Grünen schauten ihn so lange schief an, bis er ihr nachzog in die CDU. Sie könnte also prima ihre Vorgängerin beraten. Das ist Esther Petry, die bisherige Pressesprecherin der Hessen-CDU, die sich in den SPD-Politiker Jürgen Walter verguckt hat. Aber vielleicht ist das auch nicht nötig, weil Petry zur parteimäßig unproblematischen Industrie- und Handelskammer in Mainz wechselt.

So rückt wiederum Heike Dederer ins Blickfeld: Eine 38 Jahre alte Frau, die in der Grün-Alternativen Jugend gestartet ist, dann für die Grünen im Stuttgarter Landtag saß und nun ausgerechnet Pressesprecherin von Roland Kochs zackiger CDU wird.

Dederer, einst Steuerinspektorin, hat irgendwann entschieden, Politprofi zu werden. Sie wurde Mitarbeiterin beim Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir, 2001 erbte sie das Mandat ihres Mannes im Landtag von Baden-Württemberg. Sie traute sich was zu, erst ein Jahr im Parlament, kandidierte sie als Vizechefin der Grünen-Fraktion. Die Parteifreunde ließen sie durchrasseln. Zwei Jahre später saß sie in einem Untersuchungsausschuss, der den Schwindel der Firma Flowtex aufklären sollte. Als sie im Alleingang vertrauliche Protokolle dem Zeugen und PR-Berater Moritz Hunzinger faxte, wurden ihre Kollegen säuerlich.

Der Beschluss muss gereift sein, dass sie nicht weiterkommt mit den Grünen. 2005 erklärte sie überraschend, sie werde zur CDU überlaufen. Die Grünen setzten eine Mitteilung auf, die recht knochig ausfiel: "Der Weggang bedeutet für die Fraktion eine quantitative, aber keine qualitative Schwächung."

Doch in der CDU lief es nicht so. Für die Landtagswahl 2006 stellte die Parteibasis eine andere auf. Ministerpräsident Günther Oettinger gab ihr einen Job in seiner Regierungszentrale, aber über ihre "Projektgruppe urbanes Leben" feixten die neuen Parteifreunde. Alte Bekannte sagen, sie sei trotzdem nicht griesgrämig geworden. Sie lächele stets und sei neulich sogar beim Sechzigsten ihres alten Grünen-Chefs aufgetaucht. Das ist es wohl, was Kochs Leute "hohe Kommunikationsfähigkeit" nennen.

Nun, in Wiesbaden, wird sie Sprecherin der Fraktion und des Landesverbandes - in Personalunion, denn Hessens CDU pflegt ein eng abgestimmtes, diszipliniertes Vorgehen. Kochs Öffentlichkeitsstrategie steuert sein Vertrauter Dirk Metz aus der Staatskanzlei. Heike Dederer muss wissen, dass die Zeiten der Alleingänge für sie längst vorbei sind. Dann kann sie bei Koch Karriere machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • C
    civ

    @vic

     

    es geht noch tiefer: Linkspartei (mit ihrem "Fremdarbeiter"-Hasser Lafontaine)

  • K
    Karneval

    Ach, Mars-Riegel, Zigarettenkonzern, CDU, das darf man alles nicht so eng sehen. Nur nicht mit der Linken! Das wäre unerhört und ginge garnicht.

     

    Das ist eben das Personal, das sich von diesen neuen pragmatisch-flexiblen Grünen seit den 90ern angezogen fühlte, Metzger, Berninger, Dederer, etc. Und wenn man nun sowieso auf schwarzgrün im Bund spekuliert, ist es doch alles auch gut so.

     

    "Grün" ist doch nur (noch) eine Oberfläche, eine Marke, ein Lebensgefühl, eine Ästhetik und eine kostspielige Produktwelt. Die sich an Besserverdienende wendet und mit der Markenwelt "FDP" und "SPD" darum konkurriert, mit der CDU koalieren zu können. So what.

     

    Zu offen sagen darf man das zwar auch nicht, weil man die links-naiven Schanzenviertelwählerstimmen, die Ökos, Althippies, Datenschützer und Atomkraftgegner ja auch an Bord haben will, zumindest solange, bis deren die Wählerstimmen im Kasten sind. Aber danach ist "grün" einfach nur eine Variante von (neo)liberal, mit Akzenten auf Klima und Nachhaltigkeit, ohne die Kälte der FDP, aber auch ohne Utopie jenseits von Solarzellen und Wärmedämmung.

     

    Denn, so haben wir gelernt, "links" gibt es ja garnicht mehr, die Linkspartei ist nur reaktionär und populistisch, der Markt regelt alles, und in den Koalitionen muss man dann nunmal Kompromisse machen. Das hat sich Frau Dederer wohl auch gedacht, und war dann nur noch etwas konsequenter.

  • A
    Altenburg

    Da macht einer Bahn frei fuer Schwarz-Gruen. Das ist Pragmatismus. Diese liberale Beweglichkeit gibt es ja auch in gruen und Frau Dederer ist dafuer nur ein Beispiel. So what!. Die Gruenen werden schneller mit Koch kuscheln als die Hessen-SPD mit der Linken.

  • V
    vic

    Man kann ja weggehen Heike Dederer, kein Problem.

    Aber zu Koch? Tiefer kann man nicht sinken. Doch ein wenig, es gibt ja noch die NPD.